Kronen Zeitung

Rinnen muss der Schweiß I

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ch bin a großer Fan von Friedrich Schiller. Sei „ Lied von der Glocke“kann i inund auswendig. Eine Probe gefällig?“, erklärte Herr P. vor Gericht. „ I kanns sogar im Schlaf:

„ Fest gemauert in der Erden

Steht die Form, aus Lehm gebrannt.

Heute muß die Glocke werden,

Frisch, Gesellen, seid zur Hand. Von der Stirne heiß Rinnen muß der Schweiß, Soll das Werk den Meister loben!

Doch der Segen kommt von oben. Zum Werke, das wir ernst bereiten,

Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;

Wenn gute Reden sie begleiten,

Dann fließt die Arbeit munter fort.

So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten,

Was durch die schwache Kraft entspringt,

Den schlechten Mann muß man verachten,

Der nie bedacht, was er vollbringt.

Das ist’s ja, was den Menschen zieret,

Und dazu ward ihm der Verstand,

Daß er im innern Herzen spüret,

Was er erschafft mit seiner Hand . . .

Es is wohl das berühmtest­e deutsche Gedicht, Herr Rat. Aber belesen und gebildet wia Se san, wissn S des natürlich. I hab mein alten Spezi, der die Pflichtsch­ule absolviert hat, des Gedicht vorgetrage­n und eahm erklärt: Im ersten Teil des Gedichts wird der Vorgang des Glockengie­ßens detailgetr­eu gschildert, angfangen von der gmauerten Glockenfor­m, der Vorgang des Gießens und Abkühlens, bis zum Emporziehe­n der Glockn. Und im zweiten Teil werdn einerseits die Lebensstat­ionen eines Menschen beschriebe­n – Kindheit, Jugend, erste Liebe und Tod – und andrerseit­s die Gesellscha­ft.

Mei Spezi is a herzensgua­ter Mensch, aber eines kann er net leidn: Weiterbild­ung. In seinem Ärger hat er mi alles ghaßn. Aber eher Kraftausdr­ücke. Wobei i eahm a Flaschn Almdudler übern Kopf gleert hab. Jetzt klagt er mi, weil i sein Sonntagsan­zug hingmacht hab.“

Der Angeklagte muss den Anzug ersetzen.

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