Schweizer fordert die Übermacht aus Kenia
Tadesse Abraham verließ einst aus politischen Gründen Eritrea Ausgerechnet er kann beim Vienna City Marathon Afrikas lange Siegesserie beenden Kipchoge- Partner Robert Chemosin als Gegner
Ein Schweizer fordert die gesamte kenianische Phalanx. Mit Tadesse Abraham könnte es am Sonntag beim 36. Vienna City Marathon erstmals seit 14 Jahren einen nicht- afrikanischen Sieger geben. Und „ Tade“, der freilich selbst aus Eritrea gebürtig ist, liebäugelt gar mit dem Europarekord. Der ist aber wohl außer Reichweite.
Aus politischen Gründen war Abraham vor 15 Jahren aus seinem Geburtsland in die Schweiz gekommen. „ Die Neutralität hat es mir angetan. Ich wollte in ein Land, wo man nicht ständig politischen Risiken ausgesetzt ist.“Seine Eltern und seine Geschwister – mit Ausnahme eines Bruders, der ebenfalls in der Schweiz lebt – hat er seit 15 Jahren nicht gesehen. „ Aber wir telefonieren regelmäßig.“
In der Schweiz hat „ Tade“Frau und Sohn, die Verständnis für seinen Beruf aufbringen. Auch wenn er wieder einmal drei Wochen in Äthiopien trainiert, bevor er direkt nach Wien fliegt. Wo er gestern im Royal Palace Hotel den Kenianern eine Kampfansage machte: „ Ich will immer als Erster ins Ziel kommen.“
Freilich treibt Abraham ein besonderer Traum an. Er möchte Europarekord laufen. Der liegt freilich seit Mo Farahs Sieg in Chicago mit 2: 05: 11 Stunden rund eineinhalb Minuten unter der Bestzeit des Schweizers ( 2: 06: 40). Dass er gegenüber den Kenianern in der Unterzahl ist, bereitet dem 36Jährigen keine Kopfschmerzen: „ Wenn man schlau ist, kann man auch von der Gruppe profitieren.“
Sein härtester Konkurrent in Wien könnte der erst 22jährige Kenneth Keter sein.
Es ist kein Nachteil, dass ich Einzelkämpfer bin. Wenn man schlau ist, kann man auch von der Gruppe profitieren. Ich habe genug Erfahrung. Tadesse Abraham
Der Kenianer lief erst einen einzigen Marathon, den aber in famosen 2: 07: 34. Beflügelt wird er momentan von der Geburt seines Sohnes Bravim Kimtai vor elf Monaten. Dass es ihm noch an Erfahrung fehlt, könnte ein kleiner Nachteil sein.
Sogar Rekord im Visier
Bei Landsmann Robert Chemosin ist das nicht der Fall. Der 30- Jährige gewann 2016 bereits in Wien, kennt daher auch die Strecke im Unterschied zu seinen Rivalen. Und sein Trainingsumfeld könnte nicht besser sein. Denn er gehört zur Gruppe um Weltrekordler Eliud Kipchoge. „ Er ist unser großes Vorbild, gibt uns Ratschläge. Und wir versuchen, seinen Methoden zu folgen.“Auch Chemosin traut sich viel zu – nämlich den Streckenrekord von 2: 05: 41. Ein hehres Ziel. Immerhin dürfte diesmal das Wetter mitspielen.