Frankreichs Kandidat
Wenn heute beim Krisengipfel in Brüssel über die neuerliche Verschiebung des Brexits beraten wird, ist den meisten klar, dass niemand vom Austritt Großbritanniens profitieren wird, auch die verbleibenden EU- 27 nicht. Und noch etwas steht schon im Vorhinein fest: Es werden alle Beteiligten mehr oder minder genervt sein.
Alle bis auf einen, alle bis auf Michel Barnier, also ausgerechnet jenen Mann, der als Chef- Verhandler der EU am allermeisten mit dem Brexit zu tun hatte und hat. Doch er ist auch der Einzige, der vom Brexit profitiert. Nicht vom EUAustritt der Briten an sich, aber von dem sich so lange hinziehenden Prozess, den er in einer ruhigen und professionellen Weise abgewickelt hat und das immer noch tut, die jedem in Brüssel Hochachtung abringt.
Barnier hat sich bei den Staats- und Regierungschefs empfohlen für noch höhere Würden. Und dass er daran durchaus Interesse hat, ist eines der am schlechtesten gehüteten Geheimnisse in Brüssel. Am liebsten würde Barnier sich auf dem Chefsessel der EUKommission sehen, als Nachfolger von Jean- Claude Juncker.
Der diplomatische Franzose würde allerdings nie offen gegen seinen Parteifreund Manfred Weber aus Bayern antreten, der diesen Posten als EVP- Spitzenkandidat bei der EU- Wahl ebenfalls anstrebt. Doch Weber muss auch vom Parlament bestätigt werden. Sollte das misslingen, wäre Frankreichs Kandidat vielleicht der Joker.
Barnier hofft darauf.