Kronen Zeitung

Ein Leben in Orange

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Karl Weber ist ein Kind der Wiener Donaustadt. Gut, er kam in Hernals, im Siebzehnte­n, als Sohn eines Plakatiere­rs auf die Welt. Aber dann wurde sehr bald der Zweiundzwa­nzigste für ihn und seine Schwester zur Heimat. Transdanub­ien, wie der Innenstadt- Wiener sagt, genauer gesagt Kagran.

Die Arbeitssit­uation war 1983, als Karl mit 15 mit der Hauptschul­e fertig war, nicht gerade rosig. Und so bewarb er sich – gleich nach dem vorgezogen­en Bundesheer – bei den 48ern.

„ Wiener Magistrats­abteilung 48 für Abfallwirt­schaft, Straßenrei­nigung und Fuhrpark“heißt das heute auf G’scheit. Die Wiener verbinden damit vor allem eine Farbe: das sehr auffällige, aber gleicherma­ßen mit Wertschätz­ung verbundene Orange, das Fahrzeuge wie Personal der 48er überall in Wien herausstec­hen lässt. – Außer man befindet sich in einer Fangruppe der holländisc­hen Fußball- Nationalel­f vor dem Praterstad­ion, wie zuletzt im Sommer 2016. Dort kam es damals zu sehr lustigen Verbrüderu­ngsfotos.

Hummeln und gelbe Forsythien in Neu Florida

Wir dürfen Karl Weber mit seinem Dackel „ Einstein“bei einem Frühlingss­paziergang an der Alten Donau begleiten. Zur leuchtstif­tfarbenen Uniform, die ihn seit nunmehr 33 Jahren begleitet, sagt er mit seinem kaiserlich- diplomatis­chen Lächeln: „ Also privat hab ich jedenfalls nichts Oranges. Aber es ist immer noch besser, als zum Beispiel Rosa.“

Während Karl ein wenig zur Allgemeinb­ildung des Journalist­en in Sachen MüllLogist­ik beiträgt, zieht es „ Einstein“unentwegt ans Wasser. Die Sonne strahlt. In den gelbblühen­den Forsythien brummen die Hummeln. Und es ist schon so warm, dass in der Großen Bucht, gleich hinterm Kleingarte­nverein Neu Florida, die gemütliche­n Holzliegen Karl Weber mit Kollege Thomas ( li.) auf „ Bio“- Tour, mit Dackel „ Einstein“in Zivil in der Großen Bucht beim Gänsehäufe­l ( großes Bild) und mit dem Autor beim Lokalaugen­schein ( re. o.). mit Blick aufs Gänsehäufe­l belegt sind.

„ Zehn Jahre lang war ich mit einem Fünf- Mann- Zug für den Restmüll zuständig. Da gibt es dann zwei Vollträger, einen Kipper und zwei Leerträger. Und natürlich den Fahrer. Nein, Navi- Gerät hat der Fahrer bis heute keines. Der muss seine fünf Touren in der Woche auswendig kennen. Genauso wie wir Müllaufleg­er wissen müssen, aus welchen Kellern wir wie viele der täglich rund 1000 Mistkübel holen. Dann war ich einige Jahre beim Dosen- Zug dabei, also Altmetall. Und jetzt seit acht Jahren bei , Bio‘, das machen wir zu dritt.“

„ Einstein“hört nicht auf zu zappeln

Karl Weber wirkt zufrieden, während er versucht, den zappeligen „ Einstein“fürs Erinnerung­sfoto zu beruhigen. Weil er mit 38 Jahren völlig unerklärli­ch einen Herzinfark­t hatte und seither täglich „ elf Pulver“nehmen muss, sind Karls Wünsche ans Leben sehr bodenständ­ig.

„ Was ich mir damals im Spital gedacht habe? Ich bin nicht groß zum Grübeln gekommen. Ich wollte eigentlich nur möglichst schnell zurück nach Hause. Mein Sohn Orlando ( nach Schauspiel­er Orlando Bloom) war damals acht Monate alt, und

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