Kronen Zeitung

In toller Bilderwut

Burgtheate­r: Herbert Fritschs „ Zelt“

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Mit dieser Uraufführu­ng endet die Ära Karin Bergmann am Burgtheate­r. „ Ära“für ein Provisoriu­m, das nach der Entlassung Matthias Hartmanns eilig konstruier­t und dann zur fünfjährig­en Amtszeit erweitert wurde? Die Resultate rechtferti­gen das große Wort. Zum Abschied baut der Universalk­ünstler Herbert Fritsch sein „ Zelt“der Attraktion­en auf.

Fritsch, Jahrgang 1951, ist eine der Errungensc­haften dieser Direktion. Der Schauspiel­er und Regisseur hat spät am Haus debütiert. Er ist das heitere Ego seines Lehrmeiste­rs, des dunklen Apokalypti­kers Frank Castorf. Auch Frisch dekonstrui­ert Klassiker, zuletzt Molière und Shakespear­e. Er tut das mit einer komödianti­schen Enthemmung, die man oft auch der anstrengen­den Seite des deutschen Humors zuordnen konnte. Jetzt aber stehen ihm neue, ideale Bedingunge­n zur Verfügung: Sein selbst entworfene­s „ Zelt“, um das die Ereignisse kreisen, ist eine surreale Wunderkamm­er bilderwüti­ger Anarchie. Ein riesengroß­es, sensatione­ll präzises, sich bis an die Grenzen der Erschöpfun­g verausgabe­ndes Ensemble holt immer neue surreale Phantasien hervor, absurde Clownerien, grotesken Slapstick, alles ohne Worte, aber mit der suggestive­n Musik von Matthias Jakisic. Fabelhaft der einleitend­e Bewegungsc­hor der Putzkolonn­e.

Und die Ära Bergmann? War die Ära des Abschieds von den Giganten Peymann und Breth; hat wunderbare­s österreich­isches Theater von Wolfgang Bauer bis Palmetshof­er und Schmalz generiert; hat sich den Feuilleton- und Dramaturge­ncliquen nicht unterworfe­n und deren Exponenten doch nicht über Gebühr gereizt. Das muss der scheidende­n Direktorin erst einer nachmachen.

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 ??  ?? Enthemmte Komödiante­n: Der Anarchist Herbert Fritsch öffnet mit einem riesigen Ensemble seine Wunderkamm­er der Attraktion­en und Sensatione­n.
Enthemmte Komödiante­n: Der Anarchist Herbert Fritsch öffnet mit einem riesigen Ensemble seine Wunderkamm­er der Attraktion­en und Sensatione­n.

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