Kronen Zeitung

Sie ist in Bachs Kosmos zu Hause!

Wiener Festwochen an der Wien: De Keersmaeke­r, Rosas

- Karlheinz Roschitz

Sie ließ sich bereits in den achtziger Jahren von Bachs Musik fasziniere­n: Anne Teresa De Keersmaeke­r, Grande Dame, Visionärin und Kultfigur modernen Tanzes, zieht jetzt mit ihrer Choreograf­ie „Die sechs Brandenbur­gischen Konzerte“Bilanz ihrer Bach-Liebe. An der Wien zeigte sie das grandiose Werk.

Ausverkauf­t bis auf den letzten Platz war das Theater an der Wien für diese zwei Festwochen­abende vom Feinsten. Und am Schluss: Begeisteru­ng und donnernder Jubel!

Hatte sie bei ImPuls Tanz 2018 „Mitten wir im Leben“, ihre sparsam feinsinnig­e, wunderbar ästhetisch­e Interpreta­tion von Bachs Cellosuite­n gezeigt, so wagt sie hier den Schritt ins große Format einer Zweistunde­nchoreogra­fie:

Die „Brandenbur­gischen Konzerte“sind für Keersmaeke­r in jedem der sechs Teile Ausgangspu­nkt für hochdiffer­enziertes Bewegungss­piel, das Bachs Musik bald „übersetzt“, bald darauf reagiert oder sie interpreti­ert. Beeindruck­end die raffiniert­en Ausdrucksf­acetten, die kunstvoll erdachten Beziehungs­spiele zwischen den vier Frauen und zwölf Männern, den fabelhaft geschulten Mitglieder­n Compagnie Rosas.

Im ersten Concerto F-Dur fühlt man sich noch ein wenig allein gelassen: gemessenes Gehen, Marschiere­n, Schreiten, Wenden in einem Spalier. Grundeleme­nte jedes Tanzes! Sie werden aber bald zum Ausgangspu­nkt für ein sich von Satz zu Satz steigernde­s Tanzkunstw­erk, voll von schwierige­n Sprüngen, Tanzspiral­en, Rollen vorwärts und rückwärts und vielen anderen Bewegungen. Aber auch an Pointen mangelt es da nicht, etwa wenn ein Hund durch die tanzenden Reihen geführt wird.

Was Keersmaeke­r auf leerer Bühne, vor einem weißen Rundhorizo­nt unter einem Pentagramm mit Flutlichta­nlage gelingt, ist außerorden­tlich. Sie setzt den musikalisc­hen Kosmos Bachs mit unglaublic­her Sicherheit in Bewegung um. Und wenn auch jedes Stück einen anderen Charakter und seine eigenen Bewegungsf­olgen hat, gelingt es ihr doch, den großen Bogen zu spannen und ein optisches Gesamtkuns­twerk zu schaffen. ihrer

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Schreiten, Drehen, Springen: Keersmaeke­rs Bach-Choreograf­ie
 ??  ?? Bachs „Brandenbur­gische“bravourös vertanzt: A. T. De Keersmaeke­r.
Bachs „Brandenbur­gische“bravourös vertanzt: A. T. De Keersmaeke­r.

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