Blaue Seele
Ist es Treue oder Trotz? Nach Ibiza war ein Absturz der FPÖ, ähnlich wie beim historischen Debakel nach Knittelfeld, eigentlich vorprogrammiert. Stattdessen legen die „Blauen“mittlerweile sogar zu. Während sie in der großen „Krone“-Umfrage noch knapp hinter der SPÖ landeten, sieht ein aktuelles Stimmungsbild des „Profil“die FPÖ erstmals auf Platz 2.
Wer das verstehen will, muss tief in die blaue Seele blicken. Die 1,316.442 Menschen, die bei der Nationalratswahl 2017 blau wählten, sind längst keine Protestwähler mehr. Nicht einmal nach dem größten PolitSkandal der Zweiten Republik. Bei der EU-Wahl verlor die FPÖ deswegen gerade mal 2,5 Prozentpunkte. Ihre Stammwähler scheinen nicht sonderlich schockiert, dass der ehemalige Chef der „Heimatpartei“nach ein paar Wodka-Red-Bull die halbe Republik an eine russische „Oligarchin“verscherbeln wollte. 44.750 besonders treue – oder trotzige – Wähler schenkten Strache mit ihren Vorzugsstimmen sogar ein Ticket ins EU-Parlament. Wie ticken diese Leute? Leben sie wirklich in einer Art „Parallel-Universum“, in dem ein Klima des Sich-nicht-verstanden-Fühlens herrscht? Motto: So übel wie Strache hereingelegt wurde, so haben sich auch alle gegen uns und Herbert Kickl verschworen?
Die FP-Wähler verstehen vor allem eines nicht: Warum ihre Partei nicht mehr mitregieren darf. Sie verzeihen Strache in der Hoffnung, dass man der FPÖ noch eine Chance gibt. Und in der Gewissheit, dass andere Politiker im Rausch ähnlich reden würden.