Machtkampf um die Top-Jobs in der EU
Gipfel ohne Ergebnis Im Job-Gerangel ist rasche Lösung noch nicht in Sicht
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein absolviert ihren ersten EU-Gipfel, bei dem wieder einmal Tauziehen statt eines Ergebnisses angesagt ist. „Gestern war ich vorsichtig optimistisch. Heute bin ich eher vorsichtig als optimistisch“, so EU-Ratspräsident Donald Tusk, der damit die Stimmung auf den Punkt brachte. Das Ringen um die europäischen Top-Jobs geht weiter.
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel bremste schon vor Beginn des Gipfels die Erwartungen einer raschen Lösung: „Wir haben noch ein paar Tage Zeit.“Es wäre „nicht so sehr bedrohlich“, wenn man sich nun nicht einigen könne, so Merkel.
Und so scheint es bei diesem zweitägigen Gipfel auch zu sein. Zu verfahren ist die Situation, zu einzementiert sind die einzelnen Haltungen. Wenn es um die Neubesetzung der europäischen Spitzenjobs geht, will eben niemand nachgeben, jeder möchte sein Stück vom Kuchen bekommen. Dabei gilt es, viele Befindlichkeiten zu berücksichtigen – eine gerechte Aufteilung zwischen den Ländern im Osten und im Westen, zwischen jenen im Norden und im Süden, zwischen Männern und Frauen und natürlich auch noch zwischen den einzelnen Parteifamilien.
Match: Frankreich gegen Deutschland
Bei der Nachfolge von Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident legt sich vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gegen das Spitzenkandidaten-Prinzip, und ganz besonders gegen den Frontmann der Konservativen, den Deutschen Manfred Weber, quer. Der niederländische Premier Mark Rutte sprach sich für die Liberale Margrethe Vestager aus. Und von Deutschlands Kanzlerin wird erwartet, dass sie sich bald deklariert, dass ihr der Präsident der Europäischen Zentralbank, den es auch neu zu besetzen gilt, wichtiger ist als der Kommissionspräsident. An der Entscheidung, wer auf Juncker folgt, hängt ein ganzes Paket Spitzenposten.
Österreichs neue Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gab sich, wie bisher auch in Österreich, zurückhaltend. Sie betonte, „eine leidenschaftliche Europäerin“zu sein, den Gipfelentwurf für Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 trage sie voll mit.
Sondergipfel Ende Juni immer wahrscheinlicher
Das Posten-Gerangel jedenfalls zieht sich. „In diesem Moment ist eine Lösung weit entfernt“, so EU Parlament spräsident Antonio Tajani. Immer wahrscheinlicher wird ein Sondergipfel am 30. Juni.