71 Morde: Viermal lebenslang
Berufungsgericht in Ungarn erhöht Strafen nach Flüchtlingstragödie auf der A 4:
71 Morde! 71 Menschen, die in einem völlig abgedichteten Kühlwagen qualvoll erstickten. Nur die härtestes Sanktion kann hier zur Anwendung kommen, sagt der Vorsitzende eines Berufungssenates in Ungarn und erhöhte die Strafe nach dem Flüchtlingsdrama auf der Autobahn A 4: Viermal Lebenslang für die Haupttäter!
Es war der Schlusspunkt eines Verfahrens, das sich seit August 2015 hingezogen hat. Nachdem der Kühlwagen mit den 71 Leichen bei Parndorf (Burgenland) aufgefunden worden ist, war schnell klar, wer die Schuldigen waren: Gewissenlose Schlepper, denen das eigene Wohl wichtiger war als das jener Menschen, die sie in unzureichend gesicherten Fahrzeugen transportierten. Es war der Höhepunkt der Flüchtlingswelle, und die Tragödie gilt auch als einer der Gründe dafür, dass wenige Tage später die Grenzen geöffnet wurden.
Schnell war auch klar, dass die Opfer in Ungarn gestorben sind (siehe Kasten). Deshalb wurden die Ermittlungen von den ungarischen Behörden übernommen. Die vier Hauptangeklagten: der Afghane Samsoor Lahoo (33), der als Bandenchef gilt, sowie drei Bulgaren: Lahoos Vize Metodi Georgiev (33), Lkw-Lenker Stoyanov Ivalyo (27) und der Fahrer eines Begleitwagens, Venlislav Todorov (40).
Belastet wurden sie vor allem durch abgehörte HandyGespräche. Dokumentiert ist hier, dass die erstickenden Flüchtlinge offenbar verzweifelt an die Bordwand klopften. Lkw-Lenker Ivalyo wollte stehen bleiben, doch Schlepper-Chef Lahoo ordnete an: „Fahr weiter, und leg die Toten in einem Wald in Deutschland ab.“
Das Erstgericht in Kecskemet hatte jeweils 25 Jahre verhängt, der Berufungssenat in Szeged erhöhte jetzt auf jeweils lebenslange Haft. Was in der Praxis bedeutet: Drei der Beschuldigten, Lahoo, Georgiev und Ivalyo, können nach 40 Jahren erstmals um vorzeitige Entlassung bitten, Todorov „schon“nach 30 Jahren . . .