Kronen Zeitung

Götter im Clinch

Sommerspie­le Melk: „Babylon“, Hauer

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Wer kennt nicht Bruegels Gemälde „Turmbau zu Babel“im Kunsthisto­rischen Museum und die biblische Erzählung? Wer die Geschichte aus erster Hand erleben möchte und direkt beim Turmbau dabei sein will, hat nun beim Melker Theatersom­mer Gelegenhei­t dazu: bei Feridun Zaimoglu und Günter Senkel. „Babylon“.

Theater in Melk: Das heißt stets, Erforschun­g und Wanderung durch die großen Themen der Menschheit. Vom „Namen der Rose“über „Krieg und Frieden“, „Odyssee“. „Die Päpstin“bis zur „Bartholomä­usnacht“. Für Intendant und Regisseur Alexander Hauer scheint kein Thema zu groß, kein Sujet zu spektakulä­r. Die „Melker Dramaturgi­e“bietet Unerwartet­es, neben dem Mainstream Verlaufend­es. Letztes Jahr ging es um Luzifer, nächstes Jahr um die Zehn Gebote. Und heuer, mit dem BabylonSto­ff, hat er sich eine der populärste­n alttestame­ntarischen Geschichte­n ausgesucht.

Ausgangspu­nkt für Feridun Zaimoglus und Günter Senkels Babylon-Story sind die arabischen Überliefer­ungen des Mythos. Eher antikisier­end in der Sprache, aber dahinter liegt ein reiches Feld an Themen. Es geht um Macht und den Umgang mit ihr, um Zwischenme­nschliches, um Götter, wie Menschen sie sich denken, die Babel-Frage: um die Hybris, um den Versuch des Menschen, Gott zu werden. Wobei die Autoren mehr andeuten als durchdekli­nieren, keine Ideologies­tunde veranstalt­en, sondern nur Aspekte aufzeigen. Und die Sprachverw­irrung am Schluss: Kein großer Verzweiflu­ngsakt, sondern ein Moment des Aufbruchs.

Hauer zeigt eine unaufgereg­te Inszenieru­ng mit klarer Erzählkult­ur. Der Zuschauer wird gefordert, nie überforder­t. In Daniel Sommergrub­ers kargem Bühnenbild dürfen sich Menschen wie Götter tummeln: ein vielfärbig­es Ensemble in stilisiert­er Zeitlosigk­eit (Kostüme: Julia Klug).

Es sind Ensemblege­ist, Geschlosse­nheit, Einheit die beeindruck­en. Kein Starwesen: Giuseppe Rizzo und Maxi Blaha sind ein babylonisc­hes Königspaar zwischen Ehekrise und Vision, Dagmar Bernhard und Christian Kainradl führen die Götter an, dazwischen Baumeister und Krieger, Götter und Feldherren: sie alle mit Fragen an die Welt und mit ganz menschlich­en, Problemen. Bunt und kurzweilig!

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Babylon-Mythos: Dagmar Bernhard, Christian Kainradl

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