Terror-Tunnel gegen Israel Untergrund-Mauer gegen Terror-Tunnel
Die israelische Armee kämpft gegen eine regelrechte „Unterwelt“Aus dem Norden gräbt die Hisbollah, aus dem Süden die Hamas Neue Tunnel unbrauchbar gemacht. Ein Besuch unter der Erde.
Steile Steinstufen führen in die Tiefe. Kreisförmige Vertiefungen durchziehen die Wände. Sie zeugen von dem zylinderförmigen Bohrer, den die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah ins Gestein getrieben hat, wie die israelische Armee sagt.
Der Tunnel führt von dem libanesischen Dorf Ramia auf israelisches Gebiet. Er ist der größte von drei unterirdischen Gängen, die ins verfeindete Nachbarland gegraben wurden.
Nach Einschätzung der Armee wollte die Hisbollah mithilfe des Tunnels einen großangelegten Angriff auf israelische Zivilisten starten. „Wir wollten der Welt beweisen, dass die Hisbollah Tunnel gräbt“, sagt Armeesprecher Jonathan Conricus. „Wir haben Beton von der einen Seite
reingepumpt, und er kam auf der anderen Seite raus – der Beweis.“
80 Meter tief unter der Erde
Der unterirdische Gang verläuft 80 Meter tief in der Erde. Entlang der Tunnelwand befindet sich eine Art Transportband, um Güter zu bewegen. Nach Angaben der Armee gab es auch ein Belüftungssystem, das aber zerstört wurde. Ein Kommunikationssystem sei noch weitgehend intakt.
Israel hat nach eigenen Angaben seit Ende vergangenen Jahres insgesamt sechs Angriffstunnel aus dem Libanon im Grenzgebiet gefunden, drei davon führten weit in israelisches Gebiet. Ende Mai zerstörte die Armee nach eigenen Angaben den letzten der Tunnel.
Die Hisbollah hatte die israelischen Vorwürfe zunächst bestritten. Doch im Jänner sagte der HisbollahFührer Hassan Nasrallah dem libanesischen TV-Sender Al-Mayadeen, einige der Tunnel seien bereits vor mehr als zehn Jahren gegraben worden. Die Tunnel seien nur ein kleiner Teil der Hisbollah-Strategie, Israel anzugreifen, falls es zu einem Krieg kommen sollte. Aktuell wollte sich die Hisbollah auf Anfrage nicht mehr äußern.
Mitarbeiter der UN-Friedensmission Unifil im Libanon haben die Existenz der Tunnel bestätigt, die nach Israel führten. Nach Angaben von Unifil verstießen diese gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats, mit der 2006 der Krieg zwischen dem Libanon und Israel beendet wurde.
Damals war es zu einem rund einmonatigen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah gekommen. Auf libanesischer Seite wurden mehr als 1200 Menschen getötet, auf der israelischen mehr als 160 Soldaten und Zivilisten. Offiziell befinden sich Israel und der benachbarte Libanon weiter im Kriegszustand.
Daphne Richemond-Barak, Forscherin und Autorin des Buchs „Underground warfare“(UntergrundKriegsführung), befürchtet, dass das Versiegeln der Tunnel nicht ausreicht – und dass die Versiegelung durchbrochen werden könnte. „Ich mache mir Sorgen, was das für die nächsten zehn Jahre bedeutet“, sagt sie. Israel könnte von der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen oder der Hisbollah überrascht werden.
Israel und Ägypten haben in der Vergangenheit bereits mehrfach Tunnel der Hamas aus dem Gazastreifen nach Israel und Ägypten zerstört. Zum Schutz vor Angriffstunneln baut Israel bereits eine kilometerlange Untergrundmauer an der Grenze zum Gazastreifen.
Nach Angaben der israelischen Armee verfügt die Hisbollah aktuell über rund 120.000 Raketen. Dies seien fast zweimal so viele wie zur Zeit des Libanon-Kriegs 2006. Die Hisbollah könne mit ihren Raketen Ziele in fast ganz Israel angreifen.
Expertin Richemond-Barak beklagt ein „fehlendes Verständnis in Europa dafür, was die Hisbollah wirklich ist. Ja, es gibt soziale Komponenten, aber es gibt keinen Unterschied zu dem militärischen Flügel“. Zudem säßen auch HisbollahMinister in der libanesischen Regierung.