Ich brauch nicht viel
Wir reisen durchs Land und stellen die schönsten Plätze Österreichs vor. Heute das Almtal (OÖ) aus Sicht von Silvia Auinger.
Rückblickend könnte man etwas vereinfacht sagen: Es fing alles mit dem Malkasten an, den Tante Anni ihrer zehnjährigen Silvia schenkte. Silvia Auinger lebte damals gemeinsam mit ihren beiden Schwestern, den Eltern, den Großeltern, der Tante und deren Sohn zu neunt in einem kleinen Häuschen in Grünau „Unterswänd“. Also „unterhalb der Wand“des Grünaubergs im malerischen Almtal.
Papa August arbeitete im Sägewerk, Mama Erika kochte für Baron HerringFrankensdorf auf dessen Anwesen. Und die Kinder verbrachten in den 70ern eine recht unbeschwerte Zeit zwischen Almfluss, See und Schule.
Häferl und Teller statt Zebra und Nasenbär
Dem Vorbild und den Anleitungen der kreativen Tante folgend, schnupperte Silvia an regnerischen Nachmittagen in die Künste der Hinterglas-Malerei hinein. Sehr oft war der heilige „Feuerbeschützer“Florian das Motiv, das mit möglichst großer Präzision ausgemalt werden musste. Und Silvia bewahrte sich das Geschick, mit ihrer rechten Hand ganz ruhig und dennoch mit dem nötigen Schwung einen Pinsel führen zu können.
Hätte man das tierliebende Mädel damals, mit 15, nach der Schule ihrem ersten Wunsch entsprechend im Linzer Zoo als Tierpflegerin genommen, dann wäre die Malerei wohl Hobby geblieben. So aber stellte sie sich 1983 in der Gmundner-Keramik-Manufaktur vor, wo Häferln, Teller, Schüsseln und Vasen mit einer Tradition bis ins 15. Jahrhundert von Hand bemalt werden.
Silvia Auinger ist heute 51 und dem Traditionsunternehmen seit 36 Jahren treu. Sie lebt gemeinsam mit ihrer Mama in ihrem Elternhaus von damals. Sie steht jeden Tag um ¾ 5 Uhr auf, um rechtzeitig um 7 Uhr mit Rad und Bus in Gmunden zu sein, und ist, wenn auch ohne Kin
der, mit sechs Neffen leidenschaftlich Tante. „Ich brauch nicht viel“, sagt sie, „um zufrieden zu sein.“
Wenn man die unzähligen Rohkeramiken in der Gmundner Manufaktur
sieht, die alle auf Bemalung warten, braucht es aber auf die Dauer schon ein besonderes Maß an Disziplin, um nicht den Antrieb zu verlieren.
Der feine Unterschied zwischen Job und Beruf
Die Disziplin macht den Unterschied aus zwischen einem „Job“und einem „Beruf“, den Silvia nach all den
Jahren immer noch mit Ehrgeiz und Freude ausübt. Obwohl es keine wirklichen Etappenziele, kein „Endein-Sicht“gibt, wie in vielen anderen Berufen.
Wer acht Stunden täglich konzentriert am Maltisch sitzt und – darauf ist Silvia schon stolz – das wohl aufwendigste Gmundner-Motiv „Jagd“auf Teller und Tassen zaubert, der braucht einen guten Ausgleich. Für Silvia ist das einerseits ihr kleiner Garten in Grünau, den sie mit Hingabe durch die Jahreszeiten begleitet und der ihr beigebracht hat, wie man sich Zeit nimmt und richtig abschaltet.
Zum anderen sind es die Radausflüge zum Almsee, die sie – oft mit ihrer Mama – mit dem Fahrrad ganz früh am Morgen an den Wochenenden unternimmt. „Um diese Zeit“, sagt Silvia, die weiß, dass sie in einem Paradies lebt, „ist außer den Wasservögeln keiner da. Der See ist oft so ruhig, dass er die schneebedeckten Gipfel der Almtaler Sonnenuhr widerspiegelt. Und man hört die kleinen Quellen knistern und blubbern, die in den Uferbereichen entspringen.“