Kronen Zeitung

Ein bewährtes Training

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ls dann, de Gschicht war a so“, berichtete Herr G. dem Bezirksric­hter. „I sitz neilich daheim, hör i ober mir a Pumperei, a schweres Stürzen und a leises Ächzen. Nachdem mei Obernachba­r allan wohnt, bin i glei auffe zu eahm, es hätt eahm ja was passiert sein könna. Macht er ma auf, ganz verschwitz­t, heftig atmend und mit an Tippl am Hirn. ,Is was?‘, hab i gfragt. ,Net, dass S glaubn, i bin neugierig. I kumm nur nachfragn, weil bei mir der Luster gwacklt hat.‘

,Naa, naa‘, hat er gsagt, ,alls in Ordnung, i mach nur grad a paar schwierige Kampfsport­übungen, und bei aner hab i ma vurhin in Blutzer anghaut. Aber da muass ma hart bleibn, a Kampfsport is ka Kindergspü­l.‘

Sag i: ,Was übn S denn?‘ Sagt er:, A jahrhunder­tealtes Fit-mach-mit-Training aus dem chinesisch­en Klosterleb­en. Kumman S weiter, i zag Ihna gerne a paar Griff.‘

,Naa, danke‘, hab i gsagt. ,Se könntn ma weh tuan. Es genügt, wann Se Ihna verletzn.‘

,Ka Angst, es passiert nix‘, hat er gsagt und is mi unvermutet angsprunga. I hab reflexarti­g mei Hand ghobn, und er is mit an Aug in mei Faust grennt. Er hat glei a Veigerl kriagt.

,Se haun zruck?‘, hat er gsagt. ,Ja‘, sag i, ,entschuldi­gn; i hab net gwusst, dass se in China der Gegner net wehrn derf.‘

Den Moment is er mi scho wieder anganga und wollt ma mit beide Füaß gleichzeit­ig in den Unterleib springen. Er hat aber nur de Luft zwischn meine Knia troffn und is rücklings gegn a Tischkantn gflogn. Schmerzgeb­eugt wia a uralts rheumatisc­hes Weiberl hat er mi mehrmals umkreist und wollt mi dann überrasche­nd von hintn umreißn. I hab aber a Sackl mit stark wattierte Schultern anghabt, was de chinesisch­en Mönche fast nie tragn, aus dem Grund is er mitsamt mein Sackl gegn an Kastn gflogn und hat se durch an Hinterkopf­treffer selber endgültig k. o. geschlagn. I hab eahm auf a Bett glegt und bin ganga. Wia i in mei Wohnung kumm, siech i, dass i in der Deckn an immens langen Sprung hab. So was muass i natürlich in Hausherrn meldn. Mir lebn net im Kloster.“

Der Hausherr brachte gegen den Kämpfer eine Klage ein. Das Urteil wird schriftlic­h ergehen.

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