Reden wir über Schule
Morgen beginnt in Ostösterreich die letzte Schulwoche. Irgendwie ist Schule ein ewiges Streitthema. Alle Jahre wieder. Der Grund dafür ist eine missglückte Kommunikation. Die Schule wird oft nur zum Gesprächsthema, wenn etwas schiefläuft.
Manche lernen es nie! Hinsichtlich Positivkommunikation gilt das für Schulverantwortliche vom Bildungsministerium abwärts. Bei der Zentralmatura etwa wird stets darüber geredet, was nicht gelingt. Daran sind nicht die bösen Medien schuld, sondern dass Ministerialbeamte, Direktoren, Lehrer & Co. oft die einfachsten Tipps und Tricks der Medienarbeit zu wenig durchschauen.
So haben in Deutsch, Englisch und Mathematik zwischen einem und fünf Hundertstel der Schüler die Matura nicht geschafft. Wie man das kommunizieren sollte? Hey, zwischen 95 und 99 Prozent – also fast alle – Schüler waren erfolgreich! Unser Maturasystem ist derart gut, dass von nahezu jedem tolle Leistungen erbracht werden! Die Lehrer haben es also richtig gemacht! Stattdessen wird über den Mini-Prozentsatz des Scheiterns geklagt. Sich dadurch selber schlechtmachen, das muss nicht sein.
Mitschuldig daran ist eine Jammerkultur mancher Lehrer. Kaum eine Berufsgruppe fühlt sich derart missverstanden und schlecht behandelt. Viel zu häufig bekommt man zu hören, man wäre überarbeitet und unterbezahlt. Dafür gibt es zu wenig Anerkennung sowie Tag für Tag Zusatzaufgaben, die irgendwelche gemeinen Politiker, Schulbehörden, Eltern oder sonstige Fieslinge den Lehrern zumuten.
Hallo Leute, sollen wir euch bemitleiden? Seid ihr lauter Masochisten, die den falschen Beruf ausgesucht haben und dabei bleiben? Habt ihr nichts Anständiges gelernt, um etwas Besseres zu finden? Nehmt ihr nicht wahr, wie viel nette Sachen über Lehrer gesagt werden? Warum verschwendet ihr eure Kommunikationsenergie für Herrn und Frau Motzki? Die Voraussetzung für gesellschaftliches Lob ist, dass man statt Wehklagen die schönen Dinge seines Berufs betont.
Nun haben Schreckensvideos tatsächlich die Schattenseiten der Schule gezeigt. Nachdem an einer Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) Schüler und Lehrer sich rempelten und anspuckten, war überall von Gewalt zu lesen. Hinzu kamen die Dauerbrenner Schulschwänzen und Integrationsprobleme sowie eine Wiener Gymnasiallehrerin, die ihre Schüler beschimpfte und psychisch fertigmachte. All das gibt es und ist furchtbar.
Doch wieso entsteht ein Gesamtbild, dass es an Österreichs Schulen generell schrecklich zugehen würde? Niemand darf sich wundern, wenn Medien bei solchen Ereignissen dramatisch berichten und zugegeben allzu reißerische Schlagzeilen formulieren. Die einzig mögliche Kommunikationsstrategie ist es da, längst Hunderte schöne Geschichten über die Schule erzählt zu haben. Dann nämlich stehen einer Horrormeldung unzählige Pluspunkte der Schule gegenüber. Anderenfalls bleibt bloß der Negativeindruck.
Machen wir daher den Elchtest für das Schulsystem: Wie viele Leutchen aus der österreichischen Lehrerschaft – das sind über 100.000 Personen – orientieren sich am Vorbild der „Schulgschichtn“? Hier haben drei junge Lehrer eine Plattform im Internet geschaffen, wo sie und ihre Kollegen laufend erzählen, warum der Lehrerberuf cool sein kann. Und das ausgerechnet an den viel gescholtenen Neuen Mittelschulen (NMS) in Wien, wo angeblich vor lauter Kulturkampf kaum noch etwas geht.
Nein, das ist kein Kleinreden von Schwierigkeiten. Doch kennen sie Ärzte, die statt von Heilungschancen zu sprechen ständig dauerjammern, wem sie nicht helfen können? Oder Sportler, die im Vorhinein rumheulen, warum sie keine Chancen hätten? Oder einen Verkäufer, der nur über seine Kunden spricht, wenn er Ärger mit ihnen hat? Das wäre jeweils ziemlich dumm.
Wir brauchen in der Schule Menschen, die das Schöne in den Mittelpunkt stellen und für Herausforderungen ihre Lösungsversuche schildern. Genau das machen die „Gschichtldrucker“auf ihrer Seite. Vom Mathematikunterricht mit Integrationskindern bis hin zu Ideen für das Abschlussfest am Schulende.
Wussten Sie übrigens, dass immer weniger junge Menschen mit Migrationshintergrund nur den Pflichtschulabschluss schaffen? Haben Sie gelesen, dass Absolventen von Handelsschulen und -akademien seit Kurzem eine Berufspraxis machen müssen und die Vorbereitung darauf offenbar toll funktioniert? Wer hat gehört, dass entgegen einem Vorurteil Lehrer intensiv Fortbildungskurse besuchen? All das ist so. Ja, nichts davon löst alle Schulprobleme der Welt. Schon gar nicht ist es ein Allheilmittel gegen den restlichen Ärger auf unserem Planeten. Doch es sind Beispiele, dass es in den Schulen Österreichs viele positive Entwicklungen gibt. Bitte weitersagen.