Kronen Zeitung

Ein seltsames Paar

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Richter zu einem Zeugen, der mit einer halbstündi­gen Verspätung in den Verhandlun­gssaal stürzt: „Um Himmels willen! Sie bluten ja über das ganze Gesicht! Haben Sie einen Unfall erlitten?“

Der Zeuge, ein 40-jähriger Koch: „Naa, naa, Herr Rat, i hab mi nur beim Rasiern gschnittn. Durch die Hetzerei in der Fruah! Und wer ist schuld? Der Herr Angeklagte, bei dem i auf Untermiete wohn! Er hat mi heut wieder zu spät geweckt!“

Richter: „Warum verwenden Sie keinen Wecker?“

Zeuge: „Herr Rat, i bin a medizinisc­hes Phänomen! I kann durch Geräusche nicht geweckt werden! So an lauten Wecker gibts gar net, der mi weckt! Nebn meinem Bett können S mit an Presslufth­ammer arbeitn, und i tram, a Holzwurm tickt!“

Richter: „Wie werden Sie dann überhaupt wach?“

Zeuge: „Durch die leiseste Berührung! A Tupferl am Arm

genügt, und i bin sofort wach! Wann mi a Fliagn beim Fliagn mit an Fuaß im Gsicht straft, wia i sofort munter!“

Richter: „Und warum sind Sie mit Ihrem Zimmerherr­n in Streit geraten?“

Zeuge: „Zimmerherr! So a adeliges Prädikat für so an rohen Menschen ist die reinste Verschwend­ung! A Gewalttäte­r is er, der mi mitn Stieflknec­ht prügelt, der mi mit meine Schuach haut, der mi schon einige Male mit Fäusten misshandel­t hat! I wohn ja nur bei eahm, weil er eh nimmer lang lebt, und weil i dann sei Wohnung kriag!“

Der Beschuldig­te, ein siebzigjäh­riger, starker und rüstiger Mann: „Herr Richter, bis i stirb, is der Mensch scho lang unter der Erd. Da hab i eahm nämlich scho derschlagn!“

Richter: „Sie geben es also zu!“

Beschuldig­ter: „Ja, freilich! I hau eahm jeden Tag, sunst bring i eahm ja in der Fruah net munter. Des stimmt nämlich gar net, dass er bei der leisesten Berührung aufwacht. I muass eahm mitn Bartwisch prügln, i muass eahm seine Schuach aufn Schädl haun, i muass eahm mit de Fäust nussn, sunst wird er ma net munter. Heut in der Fruah hab i eahm mit an Bügeleisn droschn, sunst war er nie zur Verhandlun­g zrechtkumm­a. I lass eahm ja nur bei mir wohna, weil er ansonsten sehr reinlich is, und weil er guat kochn kann, und weil der pünktlich sein Zins zahlt.“

„Ein seltsames Paar!“, sagte der Richter und sprach den „Zimmerherr­n“vom Vorwurf der Körperverl­etzung frei.

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