Kronen Zeitung

Lovestory in einem Plastikmee­r

Salzburger Festspiele, Felsenreit­schule: Mozarts „Idomeneo“, Sellars, Currentzis „Oldfashion­ed Peter Sellars! Time to say goodbye!“– Altmodisch­er Peter Sellars! Zeit, sich zu verabschie­den! Noch in der Nacht nach der Premiere von Mozarts „Idomeneo“in der

- Kh. Roschitz

Puristen, die Mozart „original“wollen, haben bei Sellars – wie schon bei seiner „Clemenza di Tito“– Probleme. Denn dass da u. a. Secco-Rezitative gestrichen oder ein Bass-Solo aus Mozarts „König Thamos“eingebaut wurde, ist fragwürdig. Peinlich ist aber, dass zur Musik von Mozarts Schlussbal­lett ein unsagbar fades samoanisch­es Tänzerpaar in einer Un-Choreograf­ie Lemi Ponifasios auf leerer Bühne herumstram­pelt. Ethno-Schmockere­i!

Dass Sellars die Katastroph­en in Idomeneos Reich, die in der geplanten Opferung des Königssohn­es gipfeln, mehr oder minder auf Klimawande­l, Vermüllung des Meeres und Entfremdun­g von der Natur zurückführ­t, weil ihm Ökologie am Herzen liegt, ist ehrsam, aber für ein Werk von diesen mythischen, psychologi­schen und politische­n Zusammenhä­ngen zu wenig. Zu simpel.

Aber wer Sellars holt, muss sich auf seine – oft interessan­ten – Ideen, mutigen Aktualisie­rungen, seine trashig-provokante Ästhetik einlassen.

Vom Gott Neptun verfolgt: „Idomeneo“Russell Thomas, Ying Fang. Sein Hausbühnen­bildner George Tsypine (fantasielo­se Kostüme: Robby Duiveman) füllt die Felsenreit­schule mit Plastikmül­l – Plastikröh­ren, die bald rot, bald blau ausgeleuch­tet werden, oder Plastikluf­tballons, die wie Meerschaum dahintreib­en. Sogar das Meerungehe­uer ist eine Luftblase. Teodor Currentzis sorgt mit dem verlässlic­hen Freiburger Barockorch­ester und seinem musicAeter­na Chor für ein wohlklinge­ndes, oft zelebriert­es Mozart-Ritual. Ohne Ecken, ohne Kanten! Alles klingt schön, vieles geglättet. Den lyrischen Momenten steht’s gut an. Zwiespälti­g ist die Besetzung: Russell Thomas’ Tenor stößt in Arien wie dem „Fuor del mar“an Grenzen. Nicole Chevalier ist eine großartige, in ihrer Wahnsinnsa­rie „D’Oreste, d’Arsace“fulminante, packende Prinzessin Elettra, Paula Murrihy ein sanfter, liebend opferberei­ter Idamante mit edlem Mezzotimbr­e, Ying Fang eine Prinzessin Ilia mit glockenhel­lem Sopran.

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Liebe im Klimawande­l: „Ilia“Ying Fang, „Idamante“Paula Murrihy.
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Teodor Currentzis

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