In jeder Hinsicht in braunem Ton
Salzburger Festspiele: Ödon von Horváths „Jugend ohne Gott“, T. Ostermeier Dramatisierungen von Romanen haben mitunter zu viel Eigenmächtiges der Dramaturgen: Regisseur Thomas Ostermeier bleibt bei seiner Bearbeitung von Horváths „Jugend ohne Gott“im Sal
„Es ist der richtige Moment, diesen Stoff auf die Bühne zu bringen“, meint Ostermeier in einem Gespräch für das Programmheft. So Unrecht hat er da nicht, auch wenn er mit seiner Inszenierung bis auf ein paar Kameramitläufe und Mikrofone in der Entstehungszeit (Horváth schrieb den Roman 1937 im salzburgischen Henndorf) blieb.
„Was verdanke ich Adolf Hitler“lässt Ostermeier zu Beginn den Lehrer fragen. Und dann erzählt er den Stoff, der zu meiner Zeit eine Gymnasiasten-Pflichtlektüre war, erzählt die Geschichte über den Widerstand der rechten Zöglinge in Schule und Zeltlager gegen den humanen, später mit der Wahrheit kämpfenden Lehrer (genannt: der Afrikaner); über die Liebe Z.s zur „wilden“Eva; über ein Tagebuch, das vermeintlich zu einem Mord führt... „Auch Afrikaner sind Menschen“lehrt der Pädagoge seine Schüler, wird deswegen angefeindet. Die Antwort auf die Frage zu Beginn des Abends liefert der Geplagte am Ende selbst: „Der Afrikaner fährt nach Afrika.“
Der braune Ton herrscht vor, nicht nur bei Horváth, auch optisch bei Ostermeier und seinem Team (Bühne: Jan Pappelbaum, Kostüme: Angelika Götz). Und doch wirkt Alles etwas harmloser, als es Horváth meinte, weniger widerlich erlebt man die Zeit der aufkeimenden Unmenschlichkeit, der Barbarei. Ostermeier hält sein Ensemble der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz in einem braven Lehrstück gefangen – Aufrütteln bleibt aus.
Sie müssen viele sein: Bis auf „Lehrer“Jörg Hartmann mit eindimensionalem Erscheinungsbild müssen vornehmlich junge Schauspieler und Schauspielerinnen in unterschiedlichste, große wie kleine Rollen schlüpfen. Echte Verwandlungskünstler und -künstlerinnen sind sie nicht wirklich. Manch einer, manch eine sticht aus der Truppe heraus, etwa Laurenz Laufenberg als Schüler Z. und seine erste Liebe Alina Stiegler als vagabundierende Eva. Ostermeier bleibt mit ihnen allen im historischen Rahmen, jugendliche Wut, Dummheit, Perfidie spürt man kaum.