Und wie lebt Medée heute?
Mit Cherubinis „Medée“(1797) setzt Salzburgs Festspielintendant sein spannendes Antiken-Projekt fort. Regisseur Simon Stone und Thomas Hengelbrock am Pult zeigten gestern ihre packende Produktion. Antike – heute!
Eine der blutrüstigsten Figuren der Antike – und in Euripides’ Dramen: die Zauberin Medée, die ihr Vaterland verriet, um dem geliebten Jason zum Goldenen Vlies zu verhelfen, ihn heiratete und von ihm aus Kalkül verstoßen wurde. Doch sie folgt Jason, der Dircé, König Créons Tochter, heiraten will und Medée ihre Kinder genommen hat. Sie vergiftet Dircé, ermordet ihre Kinder und fährt im Selbstmord zur Hölle. Diese ist hier nur ein brennendes Auto.
Simon Stone holt im Großen Festspielhaus die Story ins Heute, macht die verstoßene Fremde zur modernen Frau, Immigrantin, Verratenen, die in Panik zur Mörderin wird. Schlüssig, überzeugend, packend! Elena Stikhina singt die Medée – eine Paradepartie Maria Callas’ – souverän, mit Temperament, Leidenschaft, bösem Funkeln. Eine rasende Verratene. Pavel Černoch ist ein imponierender Jason, Vitalij Kowaljow ein düsterer Créon, Rosa Feola eine noble Dircé. Thomas Hengelbrock musiziert mit den Wiener Philharmonikern Cherubini unter Hochspannung.