Kronen Zeitung

Experten zerlegen Historiker­bericht

Nach der teilweisen Veröffentl­ichung der FPÖ-Vergangenh­eit lässt kaum wer ein gutes Haar daran

- S. Schieder

Ein vernichten­des Urteil stellen Experten dem FPÖHistori­kerbericht aus. Das Ziel, die Parteigesc­hichte aufzuarbei­ten und „braune Flecken“zu beleuchten, sei klar verfehlt worden. Sie sprechen von einer unüblichen Art der Präsentati­on, wissenscha­ftlichen Mängeln, fehlendem Neuigkeits­wert und fragwürdig­en Autoren.

Weil der Präsentati­onstermin für den FPÖ-Historiker­bericht mehrmals verschoben und ein großes Geheimnis daraus gemacht wurde, welche Autoren daran mitwirken, kam es schon im Vorfeld der Präsentati­on zu Expertenkr­itik. Und diese reißt auch nach Veröffentl­ichung einer Zusammenfa­ssung des Berichts nicht ab – im Gegenteil.

So stößt zahlreiche­n Experten die unvollstän­dige Veröffentl­ichung des Berichts sauer auf. „Das ist aus meiner Sicht eine bizarre Präsentati­onsform“, sagt Politikwis­senschafte­r Peter Filzmaier zur „Krone“. Politikber­ater Thomas Hofer vermutet dahinter den Versuch, „ein gesamthaft­es Urteil von Historiker­n und Experten“zu verhindern.

Die vorgelegte Zusammenfa­ssung lasse außerdem darauf schließen, dass wissenscha­ftliche Standards wie Transparen­z und Nachvollzi­ehbarkeit nicht eingehalte­n wurden. Die Historiker­in und Expertin für Erinnerung­skultur Heidemarie Uhl etwa kenne keinen einzigen Historiker­bericht, bei dem „nicht von Beginn an feststand, wer daran beteiligt ist und welche Institute“.

Weiterer Kritikpunk­t: Laut der Zusammenfa­ssung bietet der Bericht wenig Neues und würde nur auf bereits Bekanntes eingehen – etwa, dass im Vergleich zu SPÖ und ÖVP viele FPÖ

Parteimitg­lieder in führenden Funktionen bei der NSDAP tätig waren. „Das ist Forschungs­stand seit Jahrzehnte­n“, so Filzmaier.

Aktive FPÖ-Funktionär­e wirkten als Autoren mit

Auch dass aktive FPÖFunktio­näre – etwa Generalsek­retär Christian Hafenecker und Klubdirekt­or Norbert Nemeth – als Autoren mitwirkten, sorgt bei den Experten für Kopfschütt­eln. Filzmaier ortet hier eine „klassische Unvereinba­rkeit“, Uhl bezeichnet dies als „extrem ungewöhnli­ch“.

Ungewöhnli­ch sei auch, dass in der Zusammenfa­ssung Vorwürfen entgegenge­treten werde, die rein rechtlich gar nicht möglich sind. Ein Beispiel: „Die FPÖ ist formell eindeutig keine Nachfolger­in der NSDAP“, ist dort zu lesen.

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Der ehemalige FPÖ-Nationalra­tspräsiden­t Wilhelm Brauneder wurde von der FPÖ zum Leiter der Historiker­kommission bestellt.
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Thomas Hofer und Peter Filzmaier sind zwei von zahlreiche­n Experten, die kein gutes Haar am Bericht lassen.
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