Agrarkommissar drückt sich
Erschütternde Bilder und Zustände brachte eine 3satDokumentation „Europas dreckige Ernte“ans Licht:
Wie riesige Intensiv-Plantagen mit hohem Bewässerungsbedarf das Land noch mehr austrocknen, wie für Hungerlöhne Saisonarbeiter in brütender Hitze bei überlangen Arbeitszeiten schuften, in primitivsten Plastikverschlägen ohne Wasser und Sanitäranlagen auf engstem Platz hausen müssen. Andererseits berichten spanische und italienische Bauern, dass ihnen von Händlern ein Spottpreis, z. B. wenige Cent pro Kilo Zucchini, bezahlt wird und letztlich die Handelsketten in Deutschland, meiner Einschätzung nach wohl auch in den übrigen Ländern Europas, rücksichtlos auf Kosten der Bauern und Arbeiter die großen Gewinne abschöpfen.
Zu diesen Missständen wollte das Reporterteam auch den Agrarkommissar Phil Hogan befragen, der dazu aber nicht bereit war und beim Nachsetzen am Gang einfach davonlief. Da stellt sich die Frage, warum, wie in den meisten nationalstaatlichen Regierungen, die Landwirtschaftsminister von konservativen Parteien gestellt werden, wie auch der Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung von den irischen Konservativen kommend der EVP zuzurechnen
ist. Wie soll eine ländliche Entwicklung vorankommen, wenn die Minister wie die Kommissare für Landwirtschaft, Wirtschaft und Finanzen mit viel Druck immer konservative Parteien an sich ziehen und auf allen Ebenen (Europa, Bund, Länder) entgegen der schönen Worte von Nachhaltigkeit, neuerdings auch Klimaschutz, sich immer noch vehement für uneingeschränkte Flächenförderung von riesigen Monokulturen, die Verlängerung des gesundheitsgefährdenden Glyphosat einsetzen und eine ökologische Steuerreform auf die lange Bank schieben, obwohl die Klimakrise keinen Aufschub wirksamer jährlicher Ziele und Maßnahmen verzeihen wird. Eine Maßnahme, die nichts kostet, aber Zeitersparnis und weniger Einfluss der Konzerne brächte, wäre auch die drastische Reduzierung der ca. 15.000 Lobbyisten in Brüssel. Karl Semmler, Bad Blumau