Geist ist willig, aber Fleisch zu billig
Die Deutschen diskutieren derzeit fleißig über eine eigene Steuer für Würstel & Co. – auch Österreich redet mit. Die große Frage: Wollen wir zum Schutz von Klima und Tieren mehr für Fleisch bezahlen?
Rund 64 Kilogramm Fleisch pro Jahr landen auf den Tellern der Österreicher, viel zu viel sagen Klimaforscher und Umweltschützer aus nachvollziehbaren Gründen: teils grausame Massentierhaltung, Erderwärmung, Nahrungsknappheit und gigantische Viehfarmen, die das ökologische Gleichgewicht aus der Bahn werfen. Knapp über ein Viertel der globalen Landfläche unseres Planeten wird laut neuestem IPCC-Klimabericht als Weideland oder für den Anbau von Tierfutter genutzt. Auch für die
Fleischproduktion in Österreich werden laut Greenpeace pro Jahr über 500.000 Tonnen Soja aus Übersee importiert, für die oft wichtige Wälder abgeholzt werden. Sowohl die Produktion als auch der Konsum von Fleisch sind demnach zentrale Faktoren der Klimaerhitzung.
Auf den Zug springen nun auch große Teile der deutschen Politik auf, die im Sommer gleich eine umstrittene Idee zur Abhilfe verbreitet: Mehrwertsteuer auf Fleisch empfindlich erhöhen, die Einnahmen zweckbinden und in den Klima- und Tierschutz investieren. Etwa in die Modernisierung der Tierhaltung. Doch so toll das klingt, so verlogen ist die Diskussion darüber.
In den wenigsten Fällen kann die Mehrwertsteuer zweckgebunden werden, wer auf ein Kilo Billigfleisch um zwei Euro ein paar Cent dazuzahlen muss, den trifft es ungleich mehr als jemanden, der aus umweltethischen Gründen das Dreifache für
heimisches Biofleisch ausgibt und nun noch mehr drauflegen müsste.
Der Effekt: Menschen, die weniger ausgeben möchten oder es aus finanziellen Gründen auch müssen, hätten noch weniger Anreiz, das teurere, hochwertige Fleisch zu kaufen. Hinzu kommt, dass Deutschland in einem Chaos unterschiedlicher Mehrwertsteuersätzen lebt, die Fleisch als Grundnahrungsmittel einordnen, andere fleischlose Nahrungsmittel aber ungleich höher.
Gleichzeitig bereitet die EU den Weg für das Handelsabkommen Mercosur mit Südamerika (siehe InfoKasten links) vor, das mit tonnenweise Billig-Rindfleisch aus Übersee winkt. Ähnliche Deals mit den USAmerikanern laufen bereits.
Der heimische Handel läuft Sturm gegen die deutschen Pläne: Sinnvoller wären verpflichtende Lebensmittel-Herkunftskennzeichnungen sowie hohe Qualitätsstandards und Obergrenzen für Importfleisch.
Resümee: Der Geist ist willig, aber Fleisch zu billig.
Viele Österreicher sind bereit, für die Umwelt öfters auf Fleisch zu verzichten. Ein gelegentliches Kotelett oder Würstel braucht sich aber niemand schlechtreden zu lassen.