Chinas steiler Weg zur Forschungsspitze
In der zweitgrößten Volkswirtschaft schreitet die Technik schneller voran als anderswo. Das ist kein Zufall, sondern vom Staat gesteuert.
Was in Europa 14 Stunden braucht, geht in China bald in dreieinhalb: Die Strecke zwischen Peking und Schanghai, vergleichbar mit der zwischen Wien und Paris, legt man dort ab 2021 mit 600 km/h zurück – bequem in den Waggons einer serienreifen Magnetschwebebahn. „Verkehr,
Harry Gatterer, Chef des Zukunftinstitutes, reist im Herbst mit heimischen Unternehmen nach China, um hinter die Kulissen der TechnikKonzerne zu blicken. und Ernährung – das sind die Probleme aller Megastädte. Und China braucht dringend Lösungen dafür“, sagt Harry Gatterer, Chef des Zukunftsinstitutes. Denn Millionenstädte gibt es in dem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern zuhauf – und sie wachsen immer schneller. „Deshalb hat die Regierung verfügt, dass alle Städte so schnell wie möglich zu sogenannten Smart Citys werden müssen – kein Bürgermeister darf sich dem entziehen“, erklärt Gatterer. Um „Smart“zu werden, muss eine Stadt effizienter, technologisch fortschrittlicher, aber auch grüner und sozial ausgeglichener werden. Dafür investiert der Staat und lockt etwa mit Förderungen ausländische Forscher ins Land.
281 Milliarden US-Dollar für die Forschung
Die chinesischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen seit 2005 von 1,3 auf 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bei einem BIP von über 13 Billionen US-Dollar sind das rund 281 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Österreichs Forschungsquote beträgt 3,2 Prozent des BIP bzw. 14 Milliarden Dollar. Hinter dem Druck des Fortschrittes steckt noch etwas: „Die Absicht des Staates der technischen Kontrolle einer stark wachUmwelt
senden, aufgeklärten chinesischen Mittelschicht“, so der Zukunftsforscher. Und die findet ihrerseits immer wieder Mittel und Wege, dieser Kontrolle durch öffentliche Kameras, Drohnen und Zensur von Internetseiten zu entgehen. „Es ist ein Widerspruch, den man erst einmal verstehen muss: Zum einen ist China ein Land, das seine Bürger einschränkt und überwacht, zum anderen gibt es für neue Technologien alle Freiheiten.“Von privater und staatlicher Seite wurden zuletzt 1,3 Millionen Patente angemeldet, 2005 waren es nicht einmal 100.000. Die Hochtechnologie-Exporte haben sich im selben Zeitraum auf über 500 Millionen Dollar mehr als verdoppelt.
Zugute auf dem Weg zur Spitze kommt China auch seine Größe – etwa beim Telekom-Standard 5G, der, anders als in Europa, ohne Ländergrenzen schnell ausgerollt werden kann. Doch auch der Forschungskaiser stößt an seine Grenzen: „Auf kulturelle und sprachliche Unterschiede sind chinesische Unternehmen oft nicht vorbereitet“, weiß Harry Gatterer. Das wiederum sei die Chance für österreichische Firmen: „Sie haben zwar am Anfang mehr Aufwand, entwickeln sich dafür aber meist nachhaltig erfolgreicher.“