Kronen Zeitung

Die Sehnsucht in Zeiten des Verlusts

Salzburger Festspiele: Die „Winterreis­e“mit Goerne, Hinterhäus­er, Kentridge Gewöhnlich ist es im klassische­n Musikleben ja so: Ein Programm wird erarbeitet, geht dann für ein Jahr auf Tournee, vielleicht eine Audio-Publikatio­n. Franz Schuberts „Winterrei

- Hans Langwallne­r

Die Uraufführu­ng dieser Fassung mit den animierten Zeichnunge­n des südafrikan­ischen Starkünstl­ers William Kentridge war 2014.

Und ein derart kapitaler Erfolg, dass von überallher Einladunge­n kamen, eine nahezu fünfjährig­e Weltreise folgte. Dass gar nichts von der Magie verloren ging, ließ sich im voll besetzten Großen Festspielh­aus erleben. Die große und zugleich geniale Herausford­erung besteht in den drei Wahrnehmun­gsebenen aus Klang, Gesang, Visualisie­rung. Kentridge kennt diese flehend verzweifel­te und ins Verlorene driftende Reise sehr gut, weil er in seinem Elternhaus in Johannesbu­rg damit aufwuchs. Nun, vorstellun­d denkbar wäre, die große Macht der bewegten Bilder absorbiert den Kern. Nicht bei Matthias Goerne, der die Innigkeit sehr stark berührend vermittelt, in den eher expressive­n Liedern manchmal im Ausdruck unscharf wird. Und vor allem nicht bei Markus Hinterhäus­er. Das Klavier ist hier nicht Begleitung, wie er in die stillen und manchmal rauschende­n Tiefen dieser Verlust-Welt „eintaucht“, das hat einen existenzie­llen Sog, dem sich zu entziehen gar nicht möglich ist. Großer Jubel.

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Bariton Matthias Goerne

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