Sommergäste
Zu Wasser und zu Land, in den Städten und in den Dörfern: Festspiele überall.
Und für jedermann und jede Frau: großes Sommertheater auf der politischen Bühne. Ein Spiel der Ungewissheiten. Was ist noch wahr, wo beginnt die Täuschung? Wer wird verkauft, wer an wen verraten? Wer ist Marionette, wer zieht an den Fäden? Wem bleibt nichts, weil er alles wollte?
Im Gegensatz zur kunstvollen Illusion im Theater findet das politische Drama nie zu einem Ende. Da bricht nach dem letzten Akt, wenn der Vorhang gefallen ist, die Zuschauer längst gegangen sind, hinter den Kulissen erst so richtig die Hölle los.
Diesmal sind die Vorbereitungen für das Nachspiel bereits zu ahnen. Die Regisseure lassen die Schäden am Bühnenbild in düsterem Licht unkenntlich werden. Die krachend gescheiterte türkis-blaue Uraufführung, eine überraschend kurze Komödie, könnte dann, neu inszeniert, als Tragödie wieder aufgeführt werden.
Noch bemühen sich einige von den bekannten alten Hasen der Länderbühnen um eine seriösere Besetzung der Nebenrollen und um einen besseren Text für den Hauptdarsteller. Der jugendliche Held, ein selbstbewusster Star, glaubt sich von den Fesseln seiner Förderer und Gönner befreit zu haben. Deren Geschichten von den antiken Tragödien hält er für verstaubten Plunder, der ihm bloß den Weg nach oben verstellt.
Aber die Sommergäste kehren verlässlich nach jeder Festspielsaison zurück. Und sie können in ihrer Begeisterung für das Scheitern auf offener Bühne unerbittlich sein.