Heiliger Zankapfel
Nirgendwo auf der Welt stoßen die heiligen Stätten zweier Weltreligionen so direkt und unmittelbar aufeinander wie auf dem Tempelberg in Jerusalem. Judentum und Islam prallen hier nicht nur im sprichwörtlichen, sondern allzu oft auch im wörtlichen Sinn aufeinander.
Die Klagemauer, an der die Juden beten, ist der letzte verbliebene Rest des zweiten Jerusalemer Tempels, der im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstört worden ist. Der erste Tempel an dieser Stelle war 587 v. Chr. von Nebukadnezar II. zerstört worden, der die Juden in die Babylonische Gefangenschaft entführte.
Bis heute träumen gläubige Juden von der Errichtung des dritten Tempels an ebendieser Stelle, als zentrales Heiligtum, in dem Gott selbst wieder anwesend sein soll. Deshalb liegen auf jüdischen Gräbern so häufig Steine – es sind die Steine für den dritten Tempel.
Im Zentrum des alten Tempels lag jener heilige Felsen, auf dem Abraham bereit war, seinen Sohn Isaak zu opfern. Auch die Bundeslade mit den beiden Steintafeln der Zehn Gebote soll hier aufbewahrt worden sein. Mit dem Felsendom steht dort heute aber ein moslemisches Heiligtum, weil im Jahr 632 n. Chr. der Prophet Mohammed mit seinem Pferd „Buraq“(Blitz) von eben jenem Felsen in den Himmel aufgestiegen sein soll. Angeblich sieht man noch einen Hufabdruck.
Und die vis-à-vis gelegene Al-Aksa-Moschee ist nach Mekka und Medina das drittheiligste Gotteshaus der Moslems.
Damit bleibt der Tempelberg wohl noch lange ein heiliger Zankapfel explosivster Natur.