Kronen Zeitung

Heiliger Zankapfel

- Christian.hauenstein@kronenzeit­ung.at

Nirgendwo auf der Welt stoßen die heiligen Stätten zweier Weltreligi­onen so direkt und unmittelba­r aufeinande­r wie auf dem Tempelberg in Jerusalem. Judentum und Islam prallen hier nicht nur im sprichwört­lichen, sondern allzu oft auch im wörtlichen Sinn aufeinande­r.

Die Klagemauer, an der die Juden beten, ist der letzte verblieben­e Rest des zweiten Jerusaleme­r Tempels, der im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstört worden ist. Der erste Tempel an dieser Stelle war 587 v. Chr. von Nebukadnez­ar II. zerstört worden, der die Juden in die Babylonisc­he Gefangensc­haft entführte.

Bis heute träumen gläubige Juden von der Errichtung des dritten Tempels an ebendieser Stelle, als zentrales Heiligtum, in dem Gott selbst wieder anwesend sein soll. Deshalb liegen auf jüdischen Gräbern so häufig Steine – es sind die Steine für den dritten Tempel.

Im Zentrum des alten Tempels lag jener heilige Felsen, auf dem Abraham bereit war, seinen Sohn Isaak zu opfern. Auch die Bundeslade mit den beiden Steintafel­n der Zehn Gebote soll hier aufbewahrt worden sein. Mit dem Felsendom steht dort heute aber ein moslemisch­es Heiligtum, weil im Jahr 632 n. Chr. der Prophet Mohammed mit seinem Pferd „Buraq“(Blitz) von eben jenem Felsen in den Himmel aufgestieg­en sein soll. Angeblich sieht man noch einen Hufabdruck.

Und die vis-à-vis gelegene Al-Aksa-Moschee ist nach Mekka und Medina das drittheili­gste Gotteshaus der Moslems.

Damit bleibt der Tempelberg wohl noch lange ein heiliger Zankapfel explosivst­er Natur.

 ??  ?? Der Beginn des moslemisch­en Opferfeste­s Eid al-Adha (es erinnert an die Bereitscha­ft Abrahams, seinen Sohn zu opfern, um seinen Glauben zu beweisen) fiel diesmal mit dem jüdischen Fasten- und Trauertag Tischa beAv zusammen. Die Juden beteten also an der Klagemauer am Fuß des Tempelberg­es, die Moslems auf dem Plateau zwischen Felsendom und Al-Aksa-Moschee. Bei solchen Konstellat­ionen sind Ausschreit­ungen vorprogram­miert – auch diesmal.
Der Beginn des moslemisch­en Opferfeste­s Eid al-Adha (es erinnert an die Bereitscha­ft Abrahams, seinen Sohn zu opfern, um seinen Glauben zu beweisen) fiel diesmal mit dem jüdischen Fasten- und Trauertag Tischa beAv zusammen. Die Juden beteten also an der Klagemauer am Fuß des Tempelberg­es, die Moslems auf dem Plateau zwischen Felsendom und Al-Aksa-Moschee. Bei solchen Konstellat­ionen sind Ausschreit­ungen vorprogram­miert – auch diesmal.
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