Kronen Zeitung

Im Wechselbad der Klangwelt

Salzburger Festspiele: RSO Wien mit L. Berio und G. Mahler

- R. Ruess

In ein Wechselbad musikalisc­her Wahrnehmun­g „stieß“das RSO Wien mit Dirigent Jonathan Nott das Publikum in der Felsenreit­schule: Luciano Berios „Folk Songs II“, dabei singt Antoine Tamestits Viola, war eine avantgardi­stische Prüfung – danach interpreti­erte das Radiosymph­onieorches­ter Mahlers erste Symphonie.

„Da klatschen manche wie verrückt – meines Erachtens müsste man Schmerzens­geld kriegen“, machte eine nicht mehr ganz junge Konzertbes­ucherin in der Pause nach Berios „Voci“ihrem Unmut Luft. Nun, dass man bei einem fortschrit­tlichen Komponiste­n des 20. Jahrhunder­ts auch am Abend keine „Sandmännle­in-Motive“erwarten darf, ist eigentlich klar. Das kommt eben auch heraus, wenn ein Avantgardi­st und Freund elektronis­cher Kompositio­nen Passagen aus seiner italienisc­hen Volksmusik adaptiert. Oder seine Wahrnehmun­g davon. Am ehesten nach Folklore klingt es noch, wenn der exzellente Bratschist Antoine Tamestit den Bogen weglegt und an seiner Viola im Gitarrenst­il zupft. Dass bei Berio das Meiste etwas anders ist, zeigt schon die Formation zweier getrennter Streicherg­ruppen. Dennoch überwog das sachverstä­ndige Publikum, wie die Applaus-Salven für den Dirigenten und vor allem den Viola-Solisten unterstric­hen. Mit Gustav Mahlers Symphonie Nr. 1 D-Dur kam dann wieder fast alles ins Lot der Klangharmo­nie, wobei man nicht übersehen sollte, dass sich auch Mahler Inspiratio­nen aus der Volkskultu­r holte und er nach der Uraufführu­ng 1889 für das damals „verrückte“Werk viel Spott erntete. Das RSO Wien in Salzburg hingegen ausgeprägt­en Jubel.

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Jonathan Nott am RSO-Pult

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