Kronen Zeitung

Wahlkampf um die direkte Demokratie

Wie viel Volkswille möchten Österreich­er?

- Klaus Knittelfel­der

Im Wahlkampf hat die FPÖ ein Leibthema wiederentd­eckt: die direkte Demokratie. Parteichef Norbert Hofer fordert eine radikalere Form des von Türkis-Blau geplanten Volksabsti­mmungs Automatism­us. Die anderen Parteien kritisiere­n ihn– doch Hofer stößt nicht ausschließ­lich auf taube Ohren.

Findet die von ÖVP und FPÖ einst vereinbart­en Hürden für automatisc­he Referenden nach erfolgreic­hen Volksbegeh­ren zu hoch: FPÖ-Chef Hofer.

Selbst wenn ein Volksbegeh­ren (beispielsw­eise zum Thema Rauchverbo­t) enormen Zuspruch (beispielsw­eise 881.569 Unterschri­ften) erhält, kann dieses unbearbeit­et in den Schubladen des Parlaments verschwind­en. Das ist eine der Lehren, die man in puncto Mitbestimm­ung aus der türkisblau­en Ära ziehen konnte.

Dabei wollte die FPÖ das eigentlich immer ändern: Die Einführung einer verbindlic­hen Volksabsti­mmung, sofern ein erfolgreic­hes Volksbegeh­ren nicht umgesetzt wird, war 2017

Das Ziel ist, dass wir nicht gegen Ende der Legislatur­periode, sondern schon in der ersten Phase diese Möglichkei­t der direktdemo­kratischen Entscheidu­ngen implementi­eren.

FPÖ-Chef Norbert Hofer

absolute Koalitions­bedingung. Türkis-Blau paktierte einen solchen Automatism­us ab 900.000 Unterschri­ften letztlich auch – allein: Darüber geredet sollte erst 2022 werden, das Vorhaben wurde ans Ende der To-do-Liste gesetzt und blieb schließlic­h gänzlich unbehandel­t.

Jetzt prescht die FPÖ wieder vor: Parteichef Norbert Hofer will die Grenze für eine verbindlic­he Volksabsti­mmung im Falle einer türkis-blauen Neuauflage bei 600.000 Unterschri­ften ziehen; und zwar „nicht erst gegen Ende der Legislatur­periode, sondern schon in der ersten Phase“.

Die ÖVP, deren Skepsis bei diesem Thema im Koalitions­poker stetig wuchs, schweigt dazu vorerst. Ob es der umstritten­e Automatism­us, der einen massiven politische­n Systemwech­sel bedeuten würde, wieder ins türkise Wahlprogra­mm schafft, ist unklar.

Neos und Grüne nicht grundsätzl­ich dagegen

Das Thema sorgt jedenfalls für Wirbel: Die SPÖ kritisiert, dass Hofer sich nur im Wahlkampf für das Thema interessie­re, man werde sich deshalb nicht an der „Scheindeba­tte“beteiligen. Bisher waren die Roten eher gegen die Reform, die wegen der notwendige­n Zweidritte­lmehrheit den Segen zumindest einer dritten Partei erfordert.

Das gilt allerdings nicht für Neos und Grüne: Die Pinken etwa wären laut ihrem Vizechef Nikolaus Scherak „gesprächsb­ereit“– allerdings wollen sie eine stufenweis­e Einführung der Regelung und die Ausnahme von sensiblen Bereichen wie Grundrecht­en. Über all das müsse im Detail verhandelt werden. „Doch bisher“, so Scherak, „hat sich niemand von ÖVP und FPÖ für Gespräche mit uns interessie­rt“.

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