Kronen Zeitung

Burgtheate­rtypen, sehr manierlich!

Burgtheate­r: Sally Potters „The Party“, Lyssewski, Simonische­k, Hering, Fritsch

- Thomas Gabler

Wenn die Liebe dem Geschäft, in diesem Fall der Politik, weichen muss: Leichte Theaterkos­t mit leisen kritischen Anspielung­en auf die Gegenwart serviert Neodirekto­r Martin Kušej mit seiner vierten Produktion, mit Sally Potters Tragikomöd­ie „The Party“in Anne Lenks gepflegt-flotter Inszenieru­ng. Kulinarisc­h!

Die wilden Theaterjah­re, ja -jahrzehnte scheinen endgültig vorbei zu sein. Es wird zwar „oben“viel gefürchtet, kritisiert und über (deutsche) Medien kommentier­t, aber die Reaktionen auf der Bühne waren früher viel viel schneller, schärfer, treffender. Am Burgtheate­r selbst noch vor kurzer Zeit.

Und nun? Boulevardt­heater mit ironischen und tragischen Zügen hält Einstand im „ersten Haus deutscher Sprache“, das nicht mehr so genannt werden darf. „The Party“könnte auch von Michael Frayn oder anderen britischen Autoren des „leichten“Fachs stammen, Potter hat ihr Handwerk wohl gut studiert?

Aus ihrem Drehbuch zu ihrem viel beachteten gleichnami­gen Film drechselte sie ein leicht anmutendes Theaterstü­ck mit kleinen Seitenhieb­en auf die politische wie gesellscha­ftliche Wirklichke­it. „Schnell, heftig lustig!“So wird der Film im Programmhe­ft charakteri­siert. Nicht ganz so rasant, aber skurril: die Wiener Version mit einem „alten“Burgtheate­rensemble. Eine frischgewä­hlte Schattenmi­nisterin, ihr todkranker Mann mit neuer Liebschaft, ein lesbisches Paar, ein Seelenguru mit seiner frustriert­en Ehefrau, ein junger, seine Mordabsich­ten bald verwerfend­er Mann: Potters Protagonis­ten spielen sich am Übergang von einem Gestern ins Heute in den Abgrund. Das sehr manierlich und angeregt durch den Champagner.

Anne Lenk arrangiert dies für einige Räume in verschiede­nen Ebenen (Bühne: Bettina Meyer), setzt auf Witz und Tempo. Mit dem Burgtheate­rteam ein leichtes Unterfange­n, denn Dörte Lyssewski als Erfolgsmen­sch auf der obersten Sprosse der Karrierele­iter, Peter Simonische­k als deren (meist schweigend­er) Mann mit Liebe zu Vinylplatt­en, Regina Fritsch als ergraute, vom seelenklem­pnernden Gatten Markus Hering genervte Frustnudel, Barbara Petritsch und Katharina Lorenz als Paar in froher Erwartung und Christoph Luser als Betrogener schaffen nicht nur Typen. Sie sind welche! Kurzer Jubel.

 ??  ?? Meist stumm: Peter Simonische­k links und rechts mit M. Hering, R. Fritsch und, D. Lyssewski.
Meist stumm: Peter Simonische­k links und rechts mit M. Hering, R. Fritsch und, D. Lyssewski.
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