Burgtheatertypen, sehr manierlich!
Burgtheater: Sally Potters „The Party“, Lyssewski, Simonischek, Hering, Fritsch
Wenn die Liebe dem Geschäft, in diesem Fall der Politik, weichen muss: Leichte Theaterkost mit leisen kritischen Anspielungen auf die Gegenwart serviert Neodirektor Martin Kušej mit seiner vierten Produktion, mit Sally Potters Tragikomödie „The Party“in Anne Lenks gepflegt-flotter Inszenierung. Kulinarisch!
Die wilden Theaterjahre, ja -jahrzehnte scheinen endgültig vorbei zu sein. Es wird zwar „oben“viel gefürchtet, kritisiert und über (deutsche) Medien kommentiert, aber die Reaktionen auf der Bühne waren früher viel viel schneller, schärfer, treffender. Am Burgtheater selbst noch vor kurzer Zeit.
Und nun? Boulevardtheater mit ironischen und tragischen Zügen hält Einstand im „ersten Haus deutscher Sprache“, das nicht mehr so genannt werden darf. „The Party“könnte auch von Michael Frayn oder anderen britischen Autoren des „leichten“Fachs stammen, Potter hat ihr Handwerk wohl gut studiert?
Aus ihrem Drehbuch zu ihrem viel beachteten gleichnamigen Film drechselte sie ein leicht anmutendes Theaterstück mit kleinen Seitenhieben auf die politische wie gesellschaftliche Wirklichkeit. „Schnell, heftig lustig!“So wird der Film im Programmheft charakterisiert. Nicht ganz so rasant, aber skurril: die Wiener Version mit einem „alten“Burgtheaterensemble. Eine frischgewählte Schattenministerin, ihr todkranker Mann mit neuer Liebschaft, ein lesbisches Paar, ein Seelenguru mit seiner frustrierten Ehefrau, ein junger, seine Mordabsichten bald verwerfender Mann: Potters Protagonisten spielen sich am Übergang von einem Gestern ins Heute in den Abgrund. Das sehr manierlich und angeregt durch den Champagner.
Anne Lenk arrangiert dies für einige Räume in verschiedenen Ebenen (Bühne: Bettina Meyer), setzt auf Witz und Tempo. Mit dem Burgtheaterteam ein leichtes Unterfangen, denn Dörte Lyssewski als Erfolgsmensch auf der obersten Sprosse der Karriereleiter, Peter Simonischek als deren (meist schweigender) Mann mit Liebe zu Vinylplatten, Regina Fritsch als ergraute, vom seelenklempnernden Gatten Markus Hering genervte Frustnudel, Barbara Petritsch und Katharina Lorenz als Paar in froher Erwartung und Christoph Luser als Betrogener schaffen nicht nur Typen. Sie sind welche! Kurzer Jubel.