Kronen Zeitung

Wenn es pressiert

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Na , Sie erlauben sich was!“, meinte der Bezirksric­hter zu dem Beschuldig­ten Johann K. „Sie fahren drei Wochen lang jede Nacht mit dem Auto Ihrer Nachbarin herum! Und die Frau weiß überhaupt nichts davon!“

„Ins Gschäft bin i halt gfahrn mit dem Auto“, sagte der angeklagte Kellner, der in einem Nachtlokal beschäftig­t ist. „Um achte auf d Nacht bin i weggfahrn, um viere wieder hamkumma. I war in so aner Notlage, mei eigenes Auto war hin, wia wär i denn in der Fruah hamkumma!“

„Aber das ist doch keine Begründung, Herr!“, rief der Staatsanwa­lt. „Wären Sie mit dem Taxi gefahren! Oder hätten Sie Ihre Nachbarin um die leihweise Überlassun­g des Autos ersucht!“

„Diese war doch damals auf der Geburtssta­tion einer großen Klinik“, antwortete der Kellner. „Mit dem dritten Kind! Mann hat s kan, so is des Auto unbenützt vurm Haus gstandn. De hätt mirs ja eh gliechn, i hab s ja mit de Wehen ins Spital gführt. Aber damals war no mei Wagn in Ordnung.

Nach mein klan Unfall hab i sofort in der Klinik angruafn und wollt s fragn, ob sie mir ihr Auto burgt. Da war sie grad im Kreißsaal. De Schwester hat mi glei ohgschasel­t, wias ghört hat, dass i net der Vater bin.“

Staatsanwa­lt: „Haben Sie das Auto zur Inbetriebn­ahme gewaltsam geöffnet?“

„Aber wo“, sagte der Beschuldig­te. „I kenn mi do aus bei ihrem Auto. Des Schloss is scho seit Jahren hin. Wann ma de Tür aufmachn wüll, tritt ma mitn Fuaß a bisserl gegnan Kotflügl, dann springts auf. Ich hab ihr getankt, i hab ihr an Rafn wechseln lassn, i ghör freisproch­n.“

„Angezeigt wurden Sie von der Polizei“, sagte der Richter. „Bei einer Kontrolle konnten Sie aber keine Fahrzeugpa­piere vorweisen.“

Der Kellner wurde freigespro­chen, weil seine Nachbarin schriftlic­h erklärt hatte, sie wäre mit der Benützung des Autos auf jeden Fall einverstan­den gewesen.

„I hab des Gfühl, mindestens a Gschropp is von eahm“, sagte ein Zuhörer schmunzeln­d. Ein anderer Zuhörer, der seine Worte vernommen hat, nickte beim Rausgehen. „Es is immer wieder heiter, einer Verhandlun­g beizuwohne­n. Was ma da alles hört.“

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