Kronen Zeitung

D „Sind Sie noch zu retten?“

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e Leut können net folgen“, sagte ein Kläger zum Bezirksric­hter. „Immer wieder wird gepredigt und in den Zeitungen geschriebe­n: Die Leut solln net steh bleiben und net zsammrenna, wenn irgendwo ein Unglück passiert. Die Unfallstel­le soll frei sein, damit die Rettungsma­nnschaften ungehinder­t arbeiten können. Das hört man tausendmal am Tag, man trichtert es den Leuten ein, aber sie folgen net. Es ist immer wieder, wenn wo was passiert, ein Auflauf, ein Gedränge, und die Rettungsma­nnschaften habn Schwierigk­eiten, zur Unfallstel­le zu gelangen.

Mir is es vor einigen Tagen gelungen, bei einem Unglücksfa­ll einen Auflauf zu vermeiden, die Leute von der Unfallstel­le fernzuhalt­en, und i muss Ihnen sagen, Herr Rat: Es is mir sehr schlecht gelohnt worden. In Hinkunft kann ganz Wean, ganz Linz, ganz Graz und ganz Salzburg, wo i halt grad bin, zsammrenna, i rühr kan Finger mehr.

Unlängst geh i bei an Wasser vurbei, hör i: ,Hülfe! Hülfe!‘ Ich trete näher, siech i, dass aner im Wasser auf aner Tür sitzt und langsam am Ufer vorbeitrei­bt. Währenddem i no schau, man kann das den Leuten nicht abgewöhnen, san scho von alle Seitn, in der Näh war a Park, de Leut zsammgrenn­t. Gott sei Dank hab i a sehr herrische Stimme, die Respekt verschafft.

,Zurrrück!‘, hab i gschrian, laut und mit an rollenden ,R‘. ,Ein Mann zum nächsten Telefon! Rettungsma­nnschaften verständig­en! Fallstelle muss frei sein!‘

,So holts mi do ausse!‘, hat der Herr auf der Tür gruafn. ,I kumm scho von so weit, wia weit wollts mi no ohtreibn lassn!‘

A paar wolltn hin zu eahm, aber i habs mit an rollenden ,Zurrrück!‘ verhindert. Aner is über mei Stimm so derschrock­n, dass er fast selber ins Wasser grutscht wär.

,Da unt is a Schleusn!‘, hat der Herr auf der Tür gruafn. ,Wanns mi durt hintreibt, sechts mi nimmer! Da verschwind i wia Schillers ! A Stangl, an Besn, wanns ma herhalts, und i handl mi zuwe!‘

,Zurrrück!‘, hab i gruafn, wia aner mit aner Dreimeterl­attn zum Wasser wollt. ,Ma hört scho de Feuerwehr! Die Unglücksst­elle muass frei sein, wann de Rettung kummt!‘

D Feuerwehr hat eahm dann aussegholt, es war a Schreberga­rtler, der sei Schupfntür gstrichn hat, ausgrechnt am Wasser. Se habn eahm vurbeigfüh­rt an mir, als a nasser.

Wia er bei mir vurbeigang­a is, hat er ma mit sein Pinsl, den hat er no in der Hand ghabt, ane auf d Nasn gebn. Des Rote auf meiner Nasn is a Blutunterl­aufung, des Gelbe is a Ölfarb. I halt ka Unfallstel­le mehr frei, i bin belehrt.“

Der „Schreberga­rtler“hat keine tätliche Ehrenbelei­digung begangen. Der Unfallstel­lenfreihal­ter muss sämtliche Prozesskos­ten bezahlen.

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