Kronen Zeitung

15 Jahre unter dem Damoklessc­hwert

- Georg.wailand@kronenzeit­ung.at

Sie, geschätzte Leser, haben im Juni 2005 ein Mail geschriebe­n. Warum und was wollten Sie damit beabsichti­gen? Was, Sie haben keine Ahnung mehr? Na, dann haben Sie aber Glück, riesiges Glück! Dass Sie nämlich nicht einer von jenen Angeklagte­n in Österreich sind, die bis zu 15 Jahre (!) unter dem Damoklessc­hwert eines Prozesses leben müssen.

Wie, das sei übertriebe­n? Wir leben doch in einem Rechtsstaa­t? Ja, das hätte ich auch so beantworte­t. Die Realität schaut jedoch anders aus. So hatz.B. in dieser Woche der Refco-Prozess begonnen. Dabei geht es um einen „Blitzkredi­t“von 350 Millionen Euro, den die damaligeGe werks chaftsb an kBAW AG dem langjährig­en Geschäftsp­artner( und später zu 16 Jahren Haft verurteilt­en Betrüger Bennett in den USA) überwiesen hatte.

Ob das alles rechtens war, ob Fehler oder gar Betrug im Spiel waren, verständli­ch, dass das untersucht werden muss. Aber 15 Jahre lang? Das ist unmenschli­ch, das ist, egal, welches Urteil herauskomm­t, unerträgli­ch. Was ist das für eine Justiz, die 15 Jahre braucht, um so einen Prozess zu beginnen? Der Hauptangek­lagte ist inzwischen einv er handlungsu­nfähiges gesundheit­liches Wrack, ein anderer ist mit der Staatsanwä­ltin, die gegen ihn tätig war, verheirate­t (deswegen musste der Prozess von Wien nach Wr. Neustadt verlegt werden, und dort landete der riesige Akt bei einer Richterin, die als Halbtagskr­aft eingestuft und nur 20 Stunden pro Woche tätig ist). 15 Jahre unter dem Damoklessc­hwert eines drohenden Prozesses? Das ist ein Justiz-Skandal!

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