Kronen Zeitung

Ibsen steckt im Schwitzkas­ten

Über-, Be- und Umarbeitun­gen sind eine Manie heutigen Theaters geworden. Romane, Filme, bekannte Stücke werden mitunter gnadenlos neu eingekleid­et. Diesmal: Henrik Ibsens „Rosmershol­m“. Bühnenbild­ner Ulf Stengl hat „nach Motiven“Ibsens fast gänzlich Neues

- OL

Ibsen bietet vier Akte, sechs Personen, ein diffiziles Spiel von Schuld und Leid, vor allem von Wandlung. Stengl wirft das alles in den Theater-Thermomix und gart einen Zweistünde­r mit nur drei Personen, dafür reichlich Politik. Kann man das noch „Rosmershol­m“nennen, wenn die Verwandtsc­haft mit Ibsens Werk nur im niedrigpro­zentigen Bereich liegt? Vor allem aber muss Stengls Stück mit diesem Titel den Vergleich mit Ibsen aushalten. Was erbärmlich scheitert.

Stengls „Rosmershol­m“setzt sich mit der neuen Rechten auseinande­r und macht aus dem Abend zu fünfzig Prozent ein Politdrama. Die anderen fünfzig sind die Geschichte eines alten Mannes (Herbert Föttinger) und einer jungen Frau (Katharina Klar). Das Geniale an Ibsen, nämlich die Transforma­tion der Figuren, das Sowohl-als-auch, die charakterl­iche Feinarbeit, die erst zur finalen Tragödie führt, wird simpel und banal verarbeite­t. Es schmeckt da vieles nach einem vordergrün­digen TV-Drama. Da kochen die Traumata hoch, da wird zu viel Theatersto­ff in zu kurzer Zeit verbrannt.

Regisseur Elmar Goerden führt die Handlung routiniert, stellt manche Szenen wirkungsvo­ll. Scharf, oft konvention­ell gezeichnet­e Bilder, aber wenig Raum für Charaktere­ntwicklung­en. Überzeugen­d immerhin der Bühnenraum von Silvia Merlo und Stengl.

Die Figuren sind festgelegt, ohne Entwicklun­gen: „Rosmer“Herbert Föttinger pendelt zwischen Aggression und Charakters­chwäche, Katharina Klar lässt als unsympathi­sche Nazi-Göre keine Fragen offen. Und Joseph Lorenz spielt mit viel Bühnenpräs­enz den Kroll.

Ibsens „Rosmershol­m“war das nicht – Stengls Abend sucht noch einen passenden Titel . . .

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Ein TVDrama ohne Charakter: „Kroll“Joseph Lorenz, „Rosmer“Herbert Föttinger.
 ??  ?? Sie spielt Rebekka, das unsympathi­sche Nazi-Mädel: Katharina Klar in Stengls „Rosmershol­m“.
Sie spielt Rebekka, das unsympathi­sche Nazi-Mädel: Katharina Klar in Stengls „Rosmershol­m“.

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