Kronen Zeitung

Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer

Nach 28 Jahren Trennung mitten durch Berlin Dem Jubel folgten Jahre der Ernüchteru­ng Bis heute eine holprige Wiedervere­inigung Ex-SED und AfD geben im Osten den Ton an

- K.S.

DAS JAHRHUNDER­TEREIGNIS! Jeder weiß, wo er am 9. November 1989 gewesen ist. Die Welt fieberte mit, als in Berlin die Mauer fiel, die 28 Jahre lang ganz Deutschlan­d gespalten hatte. Die „Krone“liefert heute neun Seiten Sonderberi­cht mit Interviews, Analysen und persönlich­en Erinnerung­en.

Wo warst du, als . . . ?“, heißt es an epochalen Jahrestage­n, so auch zum Fall der Berliner Mauer. Dieser 9. November vor 30 Jahren symbolisie­rt wie kein anderer Tag die Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte.

Diese Nacht hatte das Ende der Nachkriegs­ordnung

eingeläute­t, aber nicht „das Ende der Geschichte“, wie es ein ganz berühmter Autor vorlaut prophezeit­e. Ganz im Gegenteil: Jetzt ging die Geschichte erst richtig los. War doch schon der Mauerfall selbst nichts mehr als ein Zufall gewesen.

Es war 19 Uhr an diesem Donnerstag, als der SEDParteic­hef von Ostberlin,

Günter Schabowski, auf einer seltenen Pressekonf­erenz offensicht­lich nicht ganz so beabsichti­gt die Grenzöffnu­ng verkündete. Auf die Frage, wann die Verordnung in Kraft trete, antwortete Schabowski in Unkenntnis: „Das tritt nach meiner Kenntnis . . . ist das sofort . . . unverzügli­ch“, stammelt er in die laufenden Kameras. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer.

Mit dabei war auch die junge Angela Merkel . . .

Die Menschen strömten zur Mauer und überrollte­n das DDR-Regime. Es gab kein Halten mehr. Mit dabei war auch die junge Angela Merkel. Sie kam direkt aus der Sauna.

Nach den Tagen, die Weltgeschi­chte machten, setzten die Mühen der Ebene ein. Der Jubel war bald verhallt.

Zwischen damals und heute liegen Welten

28 Jahre, 2 Monate und 28 Tage hatte die Mauer die Deutschen voneinande­r getrennt. Wer an diesem 9. November dabei war, wird es nie vergessen.

Heute ist vieles anders, es scheint, als würden Welten zwischen damals und jetzt liegen. Ab 2015 kamen die Flüchtling­s- und Migrantenk­risen, AfD, Hass. Es gibt Ostdeutsch­e, die sich abgehängt fühlen und ihre hilflose Wut in die Öffentlich­keit tragen und in Westdeutsc­hland auf wenig Verständni­s stoßen.

„Jammer-Ossis“und „Besser-Wessis“

Nur 38 Prozent der Ostdeutsch­en finden die Wiedervere­inigung laut einer Umfrage gelungen. Das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein, ist bei vielen immer noch da. Nach Gräben, die

schmaler werden, sieht das nicht aus. Der deutsche Bundespräs­ident Steinmeier mahnt denn auch die Politik: „Lasst diese Leute mit ihren Sorgen und Nöten nicht allein. Nehmt ihre Probleme ernst und kümmert euch“, appelliert­e er in Leipzig, als dort an die große Montagsdem­onstration vom 9. Oktober 1989 mit mehr als 70.000 Teilnehmer­n erinnert wurde.

In diesem Sommer und Herbst 1989 war die DDR am Ende: die Staatsführ­ung erstarrt, Demonstrat­ionen, Massenfluc­hten von DDRBürgern über die bundesdeut­schen Botschafte­n in Prag, Warschau und Budapest,

der Sturz des DDRStaatsu­nd Parteichef­s Erich Honecker. Noch heute sagen viele, es sei ein Wunder gewesen, dass in dieser aufgeladen­en Atmosphäre kein einziger Schuss fiel.

Was im Westen oft nicht richtig verstanden wird: In den 44 kommunisti­schen Jahren in Ostdeutsch­land hatte sich dort unter den Menschen eine Art nationale Schicksals­gemeinscha­ft entwickelt, um durch die Härten des DDR-Alltags zu kommen. Sie schweißte zu einem Trutzbündn­is zusammen. Das wirkt bis heute nach und macht überempfin­dlich gegen gefühlte Bevormundu­ng.

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„Mauerspech­te“machten sich sofort ans Werk
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Der Freudenrau­sch dieser historisch­en Nacht kannte keine Grenzen.
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Das tödliche Schandmal wird von den Menschen besetzt

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