Doskozil geht mit SPÖ hart ins Gericht
Burgenländischer Landeshauptmann im ersten Interview nach der Operation
Er ist wieder da, wenn auch (fast) ohne Stimme: Hans Peter Doskozil stieg nach seiner neuerlichen Operation in den burgenländischen Wahlkampfring. Vor dem heutigen Parteitag geht er mit seinen Genossen hart ins Gericht: Die Bundes-SPÖ sei „derzeit nicht regierungsfähig“. Von einer Neugründung der Partei hält er nichts.
Herr Landeshauptmann, in Ihrer sechswöchigen Abwesenheit ist in der SPÖ viel passiert – von Personalrochaden bis hin zu Intrigen auf offener Bühne. Stimmt die Richtung?
Wenn die Richtung stimmen würde, hätten wir nicht so ein katastrophales Nationalratswahl-Ergebnis eingefahren. Genau dort sind wir jetzt. Aber das Problem begann schon viel früher.
Wann begann es denn?
Beim Obmannwechsel von Faymann zu Christian 2016. Das Pfeifen, die unwürdige Verabschiedung. Da sah man, dass in der Partei etwas nicht passt. Durch interne Gruppendynamik wurde das prolongiert, das bekam seither niemand in den Griff. Jetzt sind wir in einem Zustand, in dem wir uns einmal finden und definieren müssen, wofür wir eigentlich stehen.
Da braucht es Disziplin.
War es richtig, sich aus dem Koalitionsspiel zu nehmen?
Die SPÖ ist in einer Lage, in der sie keine Regierungsbeteiligung anstreben sollte.
Wieso nicht?
Man kann nicht das historisch schlechteste Ergebnis einfahren und dann einen Regierungsanspruch stellen – während man intern solche Debatten hat. Wir sind derzeit nicht regierungsfähig.
Was müsste passieren, damit es die SPÖ wieder ist?
Wir brauchen eine klarere sozial- und sicherheitspolitische Ausrichtung. Inhaltliche Prozesse müssen Hand in Hand mit personellen gehen. Das betrifft aber nicht nur die Parteivorsitzende.
Ist Pamela Rendi-Wagner denn die richtige Chefin?
Sie ist zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Chefin, sonst wäre sie es nicht.
Zum jetzigen Zeitpunkt?
Heute und jetzt.
Und übermorgen?
Kann sich die Welt schon wieder ändern.
Was halten Sie von einer SPÖ-Neugründung, wie etwa Max Lercher sie gefordert hat?
Das ist doch Schwachsinn. Wir sind eine Partei mit langer Tradition. Wir müssen einfach Themen setzen, die den Menschen was bringen.
Zum Beispiel?
Wir im Burgenland machen sozialdemokratische Politik, die im Bund fehlt. Etwa mit einem 1700-EuroMindestlohn und der Beschäftigung pflegender Angehöriger.
Könnte man das eigentlich auch mit der ÖVP machen?
Das wäre im Burgenland unmöglich, das war hier nur mit der FPÖ umzusetzen.
Diese lieferte heuer aber – von Ibiza bis Naziliederbuch – viele Argumente, sie als Koalitionspartner auszuschließen. Sie tun das nicht. Wieso?
Für mich gibt es zwei wesentliche Parameter für eine Koalitionsbildung: Handschlagqualität und inhaltliche Übereinstimmung. Natürlich muss die Partei aber auch in ein gewisses Wertedogma passen.
Und das tut die FPÖ?
Die burgenländische FPÖ – ich sage bewusst: die burgenländische – erfüllt das, ja.
Gute FPÖ im Land, böse im Bund – geht sich das aus?
Man muss im Burgenland beurteilen, was im Burgenland passiert. Und für burgenländische Verhältnisse passt diese Koalition.
Rot-Grün dürfte sich für Sie nach der Landtagswahl im Jänner auch ausgehen.
Möglicherweise. Aber selbst neben für uns unmöglichen Forderungen wie der kilometerabhängigen Maut wäre das vor allem sicherheitspolitisch schwierig. Denn die Grünen haben die Lehren aus 2015 nicht gezogen. Wenn es darum geht, negative Asylentscheidungen zu vollziehen, fordern Grüne oft noch Bleiberechte. Doch die nächste Migrationskrise kommt bestimmt. Da bin ich neugierig, wie sich die Grünen in der Regierung mit der ÖVP – ich halte diese Koalition für fix – verhalten. Kurz würde die Koalition wieder kippen, das ist für mich logisch. Denn er ist ein Politiker, der mit dem Mainstream geht. Aber man soll sich nicht immer nach dem Wind drehen, das fehlt mir bei ihm.
Ihre Stimme ist immer noch ziemlich angeschlagen. Dachten Sie nach der Operation je an die Notwendigkeit eines Jobwechsels? Ein Politiker ohne Stimme, das geht ja kaum.
Freilich, keine Frage. Die ersten vierzehn Tage waren ungewiss, da denkt man über alles nach. Aber ich bin zuversichtlich, dass das Problem nach dem neuerlichen Eingriff im ersten Halbjahr endgültig gelöst wird.