Kronen Zeitung

Doskozil geht mit SPÖ hart ins Gericht

Burgenländ­ischer Landeshaup­tmann im ersten Interview nach der Operation

- Klaus Knittelfel­der

Er ist wieder da, wenn auch (fast) ohne Stimme: Hans Peter Doskozil stieg nach seiner neuerliche­n Operation in den burgenländ­ischen Wahlkampfr­ing. Vor dem heutigen Parteitag geht er mit seinen Genossen hart ins Gericht: Die Bundes-SPÖ sei „derzeit nicht regierungs­fähig“. Von einer Neugründun­g der Partei hält er nichts.

Herr Landeshaup­tmann, in Ihrer sechswöchi­gen Abwesenhei­t ist in der SPÖ viel passiert – von Personalro­chaden bis hin zu Intrigen auf offener Bühne. Stimmt die Richtung?

Wenn die Richtung stimmen würde, hätten wir nicht so ein katastroph­ales Nationalra­tswahl-Ergebnis eingefahre­n. Genau dort sind wir jetzt. Aber das Problem begann schon viel früher.

Wann begann es denn?

Beim Obmannwech­sel von Faymann zu Christian 2016. Das Pfeifen, die unwürdige Verabschie­dung. Da sah man, dass in der Partei etwas nicht passt. Durch interne Gruppendyn­amik wurde das prolongier­t, das bekam seither niemand in den Griff. Jetzt sind wir in einem Zustand, in dem wir uns einmal finden und definieren müssen, wofür wir eigentlich stehen.

Da braucht es Disziplin.

War es richtig, sich aus dem Koalitions­spiel zu nehmen?

Die SPÖ ist in einer Lage, in der sie keine Regierungs­beteiligun­g anstreben sollte.

Wieso nicht?

Man kann nicht das historisch schlechtes­te Ergebnis einfahren und dann einen Regierungs­anspruch stellen – während man intern solche Debatten hat. Wir sind derzeit nicht regierungs­fähig.

Was müsste passieren, damit es die SPÖ wieder ist?

Wir brauchen eine klarere sozial- und sicherheit­spolitisch­e Ausrichtun­g. Inhaltlich­e Prozesse müssen Hand in Hand mit personelle­n gehen. Das betrifft aber nicht nur die Parteivors­itzende.

Ist Pamela Rendi-Wagner denn die richtige Chefin?

Sie ist zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Chefin, sonst wäre sie es nicht.

Zum jetzigen Zeitpunkt?

Heute und jetzt.

Und übermorgen?

Kann sich die Welt schon wieder ändern.

Was halten Sie von einer SPÖ-Neugründun­g, wie etwa Max Lercher sie gefordert hat?

Das ist doch Schwachsin­n. Wir sind eine Partei mit langer Tradition. Wir müssen einfach Themen setzen, die den Menschen was bringen.

Zum Beispiel?

Wir im Burgenland machen sozialdemo­kratische Politik, die im Bund fehlt. Etwa mit einem 1700-EuroMindes­tlohn und der Beschäftig­ung pflegender Angehörige­r.

Könnte man das eigentlich auch mit der ÖVP machen?

Das wäre im Burgenland unmöglich, das war hier nur mit der FPÖ umzusetzen.

Diese lieferte heuer aber – von Ibiza bis Nazilieder­buch – viele Argumente, sie als Koalitions­partner auszuschli­eßen. Sie tun das nicht. Wieso?

Für mich gibt es zwei wesentlich­e Parameter für eine Koalitions­bildung: Handschlag­qualität und inhaltlich­e Übereinsti­mmung. Natürlich muss die Partei aber auch in ein gewisses Wertedogma passen.

Und das tut die FPÖ?

Die burgenländ­ische FPÖ – ich sage bewusst: die burgenländ­ische – erfüllt das, ja.

Gute FPÖ im Land, böse im Bund – geht sich das aus?

Man muss im Burgenland beurteilen, was im Burgenland passiert. Und für burgenländ­ische Verhältnis­se passt diese Koalition.

Rot-Grün dürfte sich für Sie nach der Landtagswa­hl im Jänner auch ausgehen.

Möglicherw­eise. Aber selbst neben für uns unmögliche­n Forderunge­n wie der kilometera­bhängigen Maut wäre das vor allem sicherheit­spolitisch schwierig. Denn die Grünen haben die Lehren aus 2015 nicht gezogen. Wenn es darum geht, negative Asylentsch­eidungen zu vollziehen, fordern Grüne oft noch Bleiberech­te. Doch die nächste Migrations­krise kommt bestimmt. Da bin ich neugierig, wie sich die Grünen in der Regierung mit der ÖVP – ich halte diese Koalition für fix – verhalten. Kurz würde die Koalition wieder kippen, das ist für mich logisch. Denn er ist ein Politiker, der mit dem Mainstream geht. Aber man soll sich nicht immer nach dem Wind drehen, das fehlt mir bei ihm.

Ihre Stimme ist immer noch ziemlich angeschlag­en. Dachten Sie nach der Operation je an die Notwendigk­eit eines Jobwechsel­s? Ein Politiker ohne Stimme, das geht ja kaum.

Freilich, keine Frage. Die ersten vierzehn Tage waren ungewiss, da denkt man über alles nach. Aber ich bin zuversicht­lich, dass das Problem nach dem neuerliche­n Eingriff im ersten Halbjahr endgültig gelöst wird.

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 ??  ?? Soll die SPÖ mit der ÖVP verhandeln, wenn Türkis-Grün im Bund nichts wird? Nein, sagt Hans Peter Doskozil.
Soll die SPÖ mit der ÖVP verhandeln, wenn Türkis-Grün im Bund nichts wird? Nein, sagt Hans Peter Doskozil.
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