Als Samt Beton bezwang
Morgen vor 30 Jahren fiel in der „Samtenen Revolution“das KP-Regime der Beton-Köpfe
Eine Woche nach dem Fall der Berliner Mauer stürzten in Prag die besonders hartnäckigen Beton-Köpfe. Anders als in Berlin, wo der Stadtparteichef selbst die Maueröffnung bekanntgegeben hatte (wenn auch so nicht beabsichtigt), ging dem Regimewechsel in der Tschechoslowakei ein zähes Ringen voraus.
Das KP-Regime schlug bis zum letzten Tag hart zu, aber der führende Kopf der Freiheitsbewegung, Václav Havel, hielt sich strikt an das selbstauferlegte Gebot der Gewaltlosigkeit. Dies ging als die „Samtene Revolution“in die Geschichte ein.
Der morgige 17. November ist nun Staatsfeiertag, und er wird „Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie“genannt. Hier die Chronologie des Schicksalsjahres 1989:
In der Tschechoslowakei begannen schon im Januar 1989 Demonstrationen zum Gedenken an den Studenten Jan Palach, der am 16. Jänner 1969 in Prag auf dem Wenzelsplatz den Feuertod gewählt hatte aus Protest gegen die Niederschlagung des „Prager Frühlings“am 21. August 1968 durch sowjetische Panzer. Die Polizei setzte Spezialeinheiten,
Wasserwerfer und Hunde ein. Über 800 Personen, darunter auch Václav Havel, wurden ohne Gerichtsprozess eingekerkert. Eine Petition für die Freilassung Václav Havels und der übrigen Verhafteten unterschrieben 692 prominente Bürger aus dem Bereich der Kultur und Wissenschaft. Es folgte ein Protestbrief von 670 wissenschaftlichen Mitarbeitern aus 70 Institutionen.
Das KP-Regime bemühte sich jedoch, alle wesentlichen Veränderungen abzuwehren. Je mehr sich das Jahresende näherte, um so mehr begann das kommunistische Regime zu bröckeln.
Das Regime zeigte Panik, und am 14. Februar 1989 beschloss es noch höhere Strafen für die angebliche „Störung der öffentlichen Ordnung“. Das war die Reaktion auf die Tatsache, dass „die Menschen aufhörten, sich zu fürchten“.
Am 29. Juni unterzeichneten die Bürger das Manifest „Einige Sätze“. Unterschrieben haben 12.000 Menschen. Das Regime reagierte mit hassvoller Kampagne und massenweisen Verhaftungen.
Am 21. August, dem Jahrestag des sowjetischen Einmarsches von 1968, kam es zu Demonstrationen im ganzen Land. Die größte Massenkundgebung fand auf dem Wenzelsplatz in Prag
statt. In Prag wurden 320 Bürger und 58 Ausländer aus Italien, Ungarn, Österreich und Polen verhaftet.
Am 30. September begannen Tausende Bürger aus der DDR über Prag und mithilfe der bundesdeutschen Botschaft in den Westen zu fliehen. Es waren über 11.000. Das beschleunigte die Entwicklung in der Tschechoslowakei.
Vom 3. bis 5. November hielten Dissidenten aus der Tschechoslowakei in dem damals schon halbfreien Polen eine Konferenz über die Zukunft Mitteleuropas ab. Es beteiligten sich in Breslau 5000 Personen aus der Tschechoslowakei. Hunderte wurden in den Zügen und an den Grenzen festgehalten.
Am 17. November begann um 16 Uhr die angemeldete und verwunderlicherweise auch genehmigte Studentendemonstration zum Gedenken an den Studenten Jan Opletal, der am 11. November 1939 anlässlich der antifaschistischen Demonstration in Prag tödlich angeschossen wurde. Anfangs versammelten sich zu der Demonstration 15.000 Studenten. Ein Teil davon schritt ins Stadtzentrum zum Wenzelsplatz, wohin ihnen aber der Zutritt verboten wurde. Es kam zu einem erbitterten und brutalen Eingriff der Polizei-Kommandos. 600 Teilnehmer werden verletzt. In der Menschenmasse verbreiteten sich unwahre Gerüchte über getötete Studenten. Es brach eine Panik aus.
Diese Polizeiaktion mündete am Ende dieses Tages im ganzen Land in mächtige und letztlich zum Sturz des Regimes führende Demonstrationen.
Am 21. November verkündet KP-Chef Miloš Jakeš, dass das Regime kompromisslos an seinem Kurs festhalten werde. Kardinal Tomášek ruft zur Unterstützung der Freiheitsbewegung auf.
Am 24. November sprechen Václav Havel und Alexander Dubček, der Held des „Prager Frühlings“von 1968, auf dem Wenzelsplatz zu einem Heer von Demonstranten.
KP-Chef Miloš Jakeš tritt zurück.
Am 29. Dezember 1989 wurde Václav Havel einmütig zum Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt. Daran schloss sich an diesem Tag das von Kardinal Tomášek geführte Tedeum in der St.-Veits-Kathedrale. Nach 41 Jahren hatte in der Prager Burg wieder ein nichtkommunistischer Präsident seinen Amtssitz.