Abschied von der spitzen Feder
Österreichs Architekt und Starkarikaturist Gustav Peichl starb 91-jährig in Wien
GUSTAV PEICHL war einer der prägendsten Architekten Österreichs und als „Ironimus“äußerst beliebt: Er kommentierte als Karikaturist fast 70 Jahre lang vor allem das politische Geschehen (kl. Bild zeigt ihn selbst). Nun verstarb der „zeichnende Journalist“im Alter von 91 Jahren.
Er war Leitfigur der Architektur in Österreich, der „Vater“einer Architektengeneration an der Akademie der bildenden Künste und ein „Aushängeschild“Österreichs im Ausland: Professor Gustav Peichl ist 91-jährig in seiner Villa in Wien-Grinzing verstorben. Ein kritischer Geist, der seine Meinung auch in brillante Karikaturen übertrug.
Er war sehr populär, weil er der Politik und Gesellschaft seiner Zeit seit 1954 als Starkarikaturist Ironimus einen Spiegel vorhielt. Zeichnete mit spitzer Feder seine Anmerkungen, machte – wie er immer sagte – „nicht nur das Charakteristische von Personen, sondern auch Ereignisse sichtbar“. Sein Werk ist im Karikaturmuseum Krems zu sehen.
Als Architekt ein Schüler Clemens Holzmeisters und Mitarbeiter im Atelier Roland Rainers, schaffte er den Aufstieg in die internationale Szene mit der Eröffnung seines Architekturbüros 1955, das 1991 und 2002 umorganisiert wurde. Berühmt wurde er durch Bauten wie die sechs
ORF-Studios (1969 bis 1982), die alle nach dem gleichen Prinzip von Kreissegmenten errichtet wurden – was ihnen den Spitznamen „Peichl-Torte“eintrug. Hervorragend sind seine Messe Wien, der Millenium Tower (mit Podrecca/Weber) oder in Deutschland die Bundeskunsthalle in Bonn mit ihren Kegeltürmen, die Berliner Kindertagesstätte oder die neuen Kammerspiele in München. Der Theoretiker Peichl gründete mit Österreichs Künstlerelite Hans Hollein, Walter Pichler und Oswald Oberhuber die Zeitschrift „Bau“. Der scharfe Kritiker beurteilte Europas aktuelle Situation so: „Europas Problem ist, dass die Sprache der Kunst & Kultur nicht mehr gepflegt wird!“