Hunderte Sidlos
Sehnt jemand, der Leichen im Keller hat, eine Hausdurchsuchung herbei? Diskutiert jemand, der sich um Kopf und Kragen reden könnte, im ORF coram publico über eine äußerst heikle Causa? Steht jemand, der etwas zu verbergen hat, der auflagenstärksten Tageszeitung im großen Sonntagsinterview Rede und Antwort? Hartwig Löger, Ex-Finanzminister und Beschuldigter in der Casino-Affäre, hat das alles gemacht. Was nur drei Schlüsse zulässt: Entweder ist der Mann naiv, er lügt oder er ist überzeugt, korrekt gehandelt zu haben.
Zusammengefasst erklärte Löger in der „Krone“und somit 2,5 Millionen Österreicherinnen und Österreichern Folgendes: Sidlos Bestellung sei eine Sache dreier Aktionäre gewesen, habe also für ihn keine parteipolitische Komponente gehabt. Sebastian Kurz sei nicht informiert gewesen. Und: Er hoffe, bald zur Aufklärung der Causa beitragen zu können.
„Lögern“steht seither für „eine Hausdurchsuchung herbeisehnen“. Das enthält viel Zynismus, ist aber aus Lögers Sicht nicht ganz unverständlich. Bis heute habe ihn die Staatsanwaltschaft nicht befragt, erklärte der ehemalige Manager der „Krone“, da würden offenbar Informationen an Journalisten fließen, die er selbst nicht habe.
Vielleicht war das die naive Komponente seines Handelns: Als Quereinsteiger den Proporz in der Politik nicht zu hinterfragen, wissend, dass es Hunderte Sidlos in diesem Land gibt, nicht ahnend, dass genau jetzt der Zeitpunkt gekommen wäre, mit dieser Unsitte Schluss zu machen.