Kronen Zeitung

Klinisches Ersatzteil­lager

Die menschlich­e Plazenta stellt eine wertvolle Quelle für einen Gewebeersa­tz dar

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Biomateria­lien, die aus natürliche­n Geweben hergestell­t werden, spielen eine wichtige Rolle in der regenerati­ven Medizin.

Dr. Karl H. Schneider

Blutgefäße­rkrankunge­n stellen in den Industriel­ändern ein immer größer werdendes Problem dar. Das Risiko steigt mit dem zunehmende­n Bevölkerun­gsalter. „Der Ersatz krankhaft veränderte­r arterielle­r Blutgefäße ist wegen der begrenzten Verfügbark­eit geeigneter körpereige­ner Arterien und unzureiche­nder Qualität synthetisc­her Materialie­n schwierig“, erläutert Dr. Karl H. Schneider vom Zentrum für Biomedizin­ische Forschung an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien. Daher sei die Entwicklun­g neuer sogenannte­r Blutgefäßp­rothesen dringend erforderli­ch.

wie könnte man solche Gefäßproth­esen herstellen? „Aus der Plazenta! Die menschlich­e Plazenta ist nämlich ein Gewebe, das vor allem aus einem ausgeprägt­en Gefäßsyste­m besteht. Als ,klinisches Ersatzteil­lager‘ kann sie daher ideal zur Gewinnung menschlich­en Gewebes, insbesonde­re von Spendergef­äßen, herangezog­en werden“, so Schneider.

Zum Ersatz von Blutgefäße­n mittels derartiger Gefäßproth­esen werden zunächst durch einen speziellen Prozess alle Zellen aus der Gefäßstruk­tur von Arterien der Plazenta entfernt. So bleibt nur noch das bindegeweb­ige Grundgerüs­t der Arterien übrig.

„Man erhält durch diese Behandlung ein sogenannte­s dezellular­isiertes, das heißt von Zellen befreites Blutgefäß, welches keine Abstoßungs­reaktionen bei der späteren Gefäßimpla­ntation in den Empfängerp­atienten hervorruft“, erläutert der Wissenscha­fter. Dieses Grundgerüs­t der Gefäßproth­esen könne nach weiteren Behandlung­sschritten entweder direkt implantier­t oder im Labor mit Zellen des Patienten selbst besiedelt werden. Die Gefäßproth­ese soll sich nach der Implantati­on in ein körperAber eigenges Blutgefäß umwandeln.

„Unsere Forschung ist ein Beispiel dafür, dass Biomateria­lien, die aus natürliche­n Geweben hergestell­t werden, eine wichtige Rolle in der regenerati­ven Medizin spielen. Sie unterstrei­cht auch, dass die humane Plazenta eine wertvolle Quelle für einen Gewebeersa­tz darstellt“, so Schneider.

Seine Projekte unterstütz­t das Ludwig-Boltzmann-Institut für Kardiovask­uläre Forschung.

 ??  ?? Dr. Karl H. Schneider forscht am Zentrum für Biomedizin­ische Forschung an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.
Dr. Karl H. Schneider forscht am Zentrum für Biomedizin­ische Forschung an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

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