Die Freiheit, die er meinte?
„Es muss frischer, demokratischer Wind durch die muffigen Räume der Proporzpolitik wehen. (…) Warum sollten zweitklassige Parteisekretäre, die im harten wirtschaftlichen Wettbewerb nicht über die mittlere Funktionsebene hinausgelangt wären, die berufliche Existenz von anständigen Menschen entscheiden und auch – nicht selten – verderben dürfen?“
Nein, diese Worte stammen nicht von einem roten, grünen oder pinken Politiker, der sich an der Affäre um den vom FPÖ-Bezirksrat zum Casinoboss aufgestiegenen Peter Sidlo abarbeitet. Die Passage ist 26 Jahre alt – und nachzulesen in Jörg Haiders Rechtspopulismus-Standardwerk „Die Freiheit, die ich meine“. „Uns“, schreibt er darin, und meint die FPÖ, „geht es nicht darum, dort einzutreten, wo wir die Altparteien verdrängt haben“. Blau stünde für einen „Neubeginn durch Machtverzicht“.
Die FPÖ propagierte dies seither inbrünstig – und zuletzt scheinheilig, wie Heinz-Christian Straches dreiste SMS nun belegen. Und all das ist mehr als Verrat am Anti-Proporz-Dogma und den Wählern, die daran geglaubt haben: Es ist ein Indiz dafür, dass „Machtverzicht“aus freien Stücken schiere Utopie ist.
Wenn also auf die Moral kein Verlass ist, hilft nur gesetzlich fixierte Transparenz. Denn: Bestünden die Sidlos dieser Welt auch öffentliche Hearings? Und kann der Rechnungshof helfen, diese Deals einzudämmen? Fragen, die nach dem historischen Ibiza-Jahr beantwortet gehören. Und zwar gleich im türkis-grünen Koalitionspoker.