Kronen Zeitung

Trauriger Alltag in US-Schulen: Trainings gegen Amokläufe

- OLIVER PAPACEK BERICHTET AUS DEN USA

MIAMI. Es sind Schlagzeil­en, die in regelmäßig­en Abständen für Erschütter­ung sorgen. Zuletzt – die „Krone“berichtete – der Amoklauf an einer High School im kalifornis­chen Santa Clarita. Für den Ernstfall versuchen sich die Schulen so gut wie nur möglich mit Alarmübung­en zu rüsten. Lokalaugen­schein im US-Staat Florida.

Eine Magnetkart­e, ein Zahlencode – binnen Sekunden fallen sämtliche Türen am Campus ins Schloss und verriegeln. Es ist wieder einmal so weit: Monatliche­r „Lockdown Drill“an der Oasis High School in Cape Coral im US-Staat Florida.

Per Lautsprech­erdurchsag­e gibt Direktorin Christina Britton den Startschus­s zur Alarmübung. Der Unterricht wird sofort ausgesetzt, das gläserne Fenster der Klassentür verhüllt, Jalousien herunterge­lassen. Die Schüler greifen zu ihren

Rucksäcken und schnallen sie um die Brust. Er könnte etwaige Kugeln abfangen. Zusammenge­kauert in einer Ecke – so weit als möglich von Fenstern und Türen entfernt –, warten sie, bis die „Gefahr“vorüber ist.

„Lockdown Drills sind gesetzlich vorgeschri­eben. Es gibt je nach Gefahrensz­enario verschiede­ne Ausprägung­en“, erklärt Britton bei einem „Krone“-Lokalaugen­schein. Bei der heftigsten Variante werden sogar die Türen mit Möbeln verbarrika­diert, die Schüler müssen sich auf einen Kampf einstellen. Für die Teenager sind die Drills zu einer teils unterhalts­amen, teils nervigen Routine geworden. Doch die Realität rechtferti­gt wohl die vorgegeben­en Prozeduren. Seit dem Massaker an der Columbine High School in Colorado im Jahr 1999 mit 13 Toten und 20 Verletzten stehen solche Drills in den gesamten USA auf dem Stundenpla­n.

Auch in jüngerer Vergangenh­eit sorgten Blutbäder, fast ausschließ­lich mit Schusswaff­en herbeigefü­hrt, internatio­nal für erschütter­nde Schlagzeil­en: Im Vorjahr erschoss ein 19-Jähriger in Parkland (Florida) 17 seiner ehemaligen Mitschüler und verletzte weitere 17. In der Vorwoche waren in Kalifornie­n drei Tote zu beklagen, darunter der Schütze.

So ein Amoklauf kann an jeder Schule passieren. Es ist in Amerika zu einfach, Waffen zu kaufen. Das muss sich ändern.

Schülerin Viktoria Fahnemann (15) in der Oasis High School

Ich denke, diese Übungen sind wichtig. Ich hasse es, dass ich so denke – aber es ist leider Realität. Wir hoffen das Beste, sind jedoch auf das Schlimmste vorbereite­t.

Direktorin Christina Britton, Oasis High School (Florida)

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Foto:OliverPapa­cek Für den Ernstfall: In den USA sind Alarmübung­en, die einen Amoklauf nachstelle­n, Pflicht. Lehrer erhalten unter anderem Schusstrai­ning (re.).
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