Neuer Friedensanlauf USA– Taliban
US-Präsident Trump nährt in Afghanistan Hoffnungen auf ein Ende von Amerikas längstem Krieg
KABUL. Während viele Amerikaner auf ihren Truthahn warteten, servierte ihr Präsident Trump den Soldaten in Afghanistan die traditionelle Mahlzeit zum Thanksgiving-Fest. Was der US-Präsident bei seiner Visite verkündete, war nicht weniger überraschend.
„Die Taliban wollen einen Deal machen. Und wir treffen sie“, sagte Trump bei seinem Besuch des US-Militärstützpunktes in Bagram nördlich von Kabul im Beisein seines afghanischen Amtskollegen Ashraf Ghani. „Wir sprechen mit den Taliban“, sagte Trump.
Bedingung für eine Verständigung sei eine Waffenruhe. Er glaube, dass die Taliban mittlerweile auch eine Waffenruhe wollten, sagte Trump zu Amerikas längstem und noch immer nicht gewonnenen Krieg.
Seit Juli vergangenen Jahres hatten die USA mit den
Taliban verhandelt. Im September erklärte Trump die Gespräche jäh für „tot“– kurz vor einem geplanten Geheimtreffen mit TalibanVertretern im Landsitz des Präsidenten in Camp David. Auslöser war ein Anschlag in Kabul, bei dem auch ein USSoldat starb.
„Geheimbesuch“bei den Soldaten in Afghanistan
Die Bestätigung laufender Gespräche kam fast so überraschend wie Trumps Reise zur größten US-Militärbasis in Afghanistan selbst: Sie fand aus Sicherheitsgründen unter strengster Geheimhaltung
statt. Das Weiße Haus setzte einige Tweets von Trumps sonst so aktivem Twitter-Account ab – stundenlange Funkstille wäre verräterisch gewesen. Auf dem offiziellen Terminplan stand für den Nachmittag (Ortszeit) eine Telefonkonferenz mit Angehörigen des Militärs, die Trump von Florida aus führen wollte. Es war Trumps erster Besuch in Afghanistan und sein zweiter von Kampftruppen im Ausland überhaupt.
Trump verspricht immer wieder, die „endlosen Kriege“seiner Vorgänger zu einem Ende zu führen und die Soldaten nach Hause zu bringen. Der US-Präsident bekräftigte, die Truppenstärke in Afghanistan auf 8600 reduzieren zu wollen. Gleichzeitig sagte er, die USA würden so lange in Afghanistan bleiben, bis ein „Deal“mit erzielt sei – „oder wir einen totalen Sieg haben“.
Taliban verweigern aber Verhandlungen mit Kabul
Bislang lehnen die Taliban allerdings direkte Verhandlungen mit der Regierung in Kabul ab, da sie sie als „Marionette“des Westens betrachten.
Präsident Ghani erklärte im Anschluss an Trumps Besuch auf Twitter, er und Trump hätten unterstrichen, dass die Taliban „eine Waffenruhe akzeptieren müssen“, wenn sie wirklich ein Friedensabkommen erreichen wollten. Die Gewalt in Afghanistan hält weiter an – bei Gefechten und einer Explosion waren kurz vor Trumps Besuch innerhalb
von 24 Stunden mindestens 20 Menschen getötet worden.
Trump sucht dringend außenpolitischen Erfolg
Beobachter hatten vergangene Woche einen Gefangenenaustausch, bei dem unter anderem westliche TalibanGeiseln freigelassen wurden, als möglichen Schritt zur Wiederaufnahme der USATaliban-Gespräche gewertet. Weniger als ein Jahr vor der US-Wahl käme es Trump gelegen, einen außenpolitischen Erfolg zu verzeichnen.
Baustellen gibt es viele. Bislang ging weder die Strategie des „maximalen Drucks“im Atomstreit mit dem Iran auf, noch konnte Trump Nordkorea dazu bewegen, sein Atomprogramm aufzugeben.