Ohne Beißkorb
Ineinem Kaffeehaus in Ottakring wollte ein Gast die Toilette aufsuchen, hätte aber an einem Wolfshund vorbei müssen, der quer über dem Weg lag.
„Beißt der Hund?“, fragte Josef K. den Hundebesitzer, der leicht angeheitert an einem Tisch saß.
„Normalerweise net“, antwortete dieser. „Nur wann er grazt wird.“
„Glaubn Se“, fragte Josef K. ängstlich, „fühlt er se grazt, wann i vurbeigeh?“
„Na, na“, beruhigte ihn der Besitzer. „Er derf nur net glaubn, dass Se eahm bös gesinnt san. Weil da hat er Ihna bei der Huastn.“
„A unsichere Gschicht“, meinte Herr K. „Zum Schluss glaubt er wirklich, i bin eahm bös gesinnt. Könnten S eahm bitteschön zu Ihnern Tisch ruafn? Wissn S, i müassert nämlich dringend aussegehn.“
„Gengan S vurbei“, meinte der Hundebesitzer beruhigend. „Bleiben S nur net lang vor eahm stehn, sunst glaubt er no, Se wolln eahm razn. Auf de Art hat er vuriche Wochn an in den Haxn bissen.“
„I wollt mi vurbeischleichn“, berichtete Josef K. dem Richter. „Steht der Hund auf, knurrt und nimmt mi bei der Hosenstulpn. ,Jetzt nur net rührn‘, hat sei Herrl gsagt, ,wann S Ihna jetzt rührn, kann i für nix garantieren.‘
,Was soll i tuan?‘, hab i gfragt. Gredt hab i wia a Bauchredner, damit des Viech durch meine Mundbewegungen
net verschreckt wird.
,Nur net bewegn‘, hat der Mann gsagt. ,Ruhig stehnbleiben. Nach a paar Minutn, wann er siecht, Se san ungefährlich, lasst er Ihna von allane wieder aus.‘
I bin gstandn wia a Monument. I war vielleicht bis zur Sperrstund gstandn, wann net zufällig a Polizist einekumma war. Der hat mei Situation glei erkannt und hat den Mann aufgschriebn, weil des Viech kan Beißkorb ghabt hat.“
Hundebesitzer Anton Z. wurde wegen Amtsehrenbeleidigung (er war gegen den Polizisten frech geworden) zu einer Geldstrafe verurteilt.
„Is der Hund am Gang?“, fragte Josef K. misstrauisch, bevor er den Verhandlungssaal verließ. „I muass sagn, i fürcht mi no immer. Mit de Hund hab is net so, Herr Rat. I mag mehr Hamster.“