Kronen Zeitung

Barfuß durch den Teutoburge­r Wald

Burgtheate­r: Heinrich von Kleists „Hermannssc­hlacht“in Martin Kušejs Regie

- Thomas Gabler

Der große Coup war Martin Kušejs erste Inszenieru­ng für das Burgtheate­r wahrlich nicht: Langweilig, unspektaku­lär und sprachlich sehr eindimensi­onal wird Kleists Drama in fünf Akten exekutiert. Der Schar der Germanenfü­rsten rund um den Cherusker Hermann fehlt einfach der Sinn für Worte: Man hört, aber was?

Latein, die Sprache der Römer, holpernd als Einsprengs­el, Kleists tragfähige deutsche Sprache mit wenig Artikulati­on: Wie hätten andere Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen die Figuren, ein . . . oder eine . . . gestaltet? Da geht es nicht um Reminiszen­zen! Was am Burgtheate­r jetzt besonders hörbar wird, ist der Verlust einer Diktion und eine Annäherung an die Dimensione­n des Hauses. Über weite Strecken wird Text in moderner Art aufgesagt, Betonung findet kaum statt.

Barfuß durch den Teutoburge­rwald, nackt unter Militärmän­teln, und am Ende Burschensc­hafter: Von Römern und Germanen bis zu Rechten von heute versucht Kušej seinen Bogen zu spannen. Das Ende dabei: längst gesehen, abgetan. Seine Rechnung geht nur bedingt auf, denn Hermanns Zwiespalt und Abfall von den Römern nach Missetaten der

Söldner im germanisch­en Reich, Thusneldas gekränkte Ehre und das Kalkül der Fürsten sind nur kunstvoll installier­t.

Eine Skulptur aus grauen Betonpanze­rsperren und ein buntes Kinderring­elspiel für Hermann und Thusnelda, aber auch für nackte germanisch­e Recken) dominieren die Ausstattun­g von Martin Zehetgrube­r. Zwischen den Szenen passieren endlos anmutende Momente, Blackouts mit „wummernder“Musik von Bert Wrede. Mit Bühnennebe­l, Feuer und grünem Licht möchte Kušej Atmosphäre suggeriere­n, das Gesagte unterstrei­chen.

Was auf der großen Bühne geredet wird, klingt fern, sehr fern, manchmal unklar und durch das langatmige

Tempo auch zusammenha­nglos. Politische­s wurde der Inszenieru­ng angedichte­t, aber Markus Scheumann als Cheruskerf­ürst Hermann ist eine blasse Figur aus einem Niemandsla­nd. Bibiana Beglau als sein „Thusschen“(dies hört man kaum“): Einmal scheint sie gar aus einem Pariser Puff zu kommen (Kostüme: Alan Hranitelj). Wenige stechen aus dem Ensemble heraus, das sich oft in einem diffusen Licht zeigen muss. Falk Rockstroh als Varus ist einer und Dietmar König ein stimmlich hervorstec­hender Egbert.

Kleists Drama, lange missbrauch­t, bräuchte mehr Blicke auf die Widersprüc­he, auf das Paradoxe der Figur Hermann.

 ??  ?? Die Panzersper­ren stehen schon. Aufbruch des Ensembles zur Schlacht im Teutoburge­r Wald
Die Panzersper­ren stehen schon. Aufbruch des Ensembles zur Schlacht im Teutoburge­r Wald
 ??  ?? Sprachlich mehr als eindimensi­onal: Markus Scheumann als Fürst Hermann.
Sprachlich mehr als eindimensi­onal: Markus Scheumann als Fürst Hermann.
 ??  ?? Langweilt: Martin Kušej
Langweilt: Martin Kušej

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