Leider kein Weihnachtswunder
Konzerthaus: Bachs „Weihnachtsoratorium“, Ton Koopman
Schon mehrfach erlebte man in Wien den Dirigenten Ton Koopman mit Bachs „Weihnachtsoratorium“. Und man erinnert sich an kultiviert bedächtige Abende: ordentlich, fein, mitunter etwas blutleer. Nun hört man ihn und sein Amsterdam Baroque Orchestra sowie den Chor aus Amsterdam mit diesem Werk erneut.
Und erneut dominierte das Gemäßigte, Harmonische. An zwei Abenden führte Koopman das sechsteilige „Weihnachtsoratorium“inklusive zwei Bach-Ouvertüren im Konzerthaus auf.
Keine Frage; stimmungsvoll! Nie geschärft, immer ein wenig besänftigt, immer nobel gerundet, sanftmütig und ohne Schärfen und Reibungen. Koopman und seinen Musikern gelingt eine Wiedergabe von großer Geschlossenheit, vor allem: von verinnerlichter Ruhe. Alles wirkt wie mit einem Atem erzählt, bruchlos.
Die Choräle, Rezitative, Reflexionen und Arien werden als kunstvolle Einheit präsentiert, ohne Stolpern, aber auch ohne große Verdichtungen und ohne zugespitzte Momente.
Nun ist natürlich das „Weihnachtsoratorium“keine dramatisch aufgeladene Oper – aber im Sinne einer fokussierten Erzählform brauchte es dennoch auch hier eine plastische (und abwechslungsreiche) Gestaltung. Und diese fehlt.
Vom ersten Jubelchor über viele Stationen bis zum Schlussgesang – immer erlebt man eine Grundfarbe, einen Grundton, einen weichen Duktus. Und manches, wie die prägnanten Chöre, die berückenden Arien, das berühmte Terzett im fünften Teil, verliert durch die sanfte Gleichförmigkeit auch viel von sein Wirkung.
Die Solisten (u.a. Nils Giebelhausen, Yetzabel Arias Fernandez) singen souverän, fügen sich in Koopmans Gesamtkonzept ein. Doch ein Weihnachtswunder war dieser Abend als Ganzes nicht!