Eine weiße Weste
Der 60-jährige Franz Z., der bei verschiedenen Altwarenhändlern gestohlene Kleidungsstücke zum Verkauf angeboten hatte, erschien zur Verhandlung mit einem (noch nicht ganz ausgewachsenen) Vollbart.
Richter: „Aah! Der Herr Beschuldigte hat sich einen Bart wachsen lassen! Wollen Sie von den Zeugen nicht erkannt werden?“
Angeklagter: „Herr Rat, wann S an Vattern im Himmel gibt, müassn S mi freisprechn! I hab nix gstohln, und i hab nix verkauft!“
Staatsanwalt: „Warum aber haben Sie sich dann seit der letzten Verhandlung, bei der die Geschädigten nicht erschienen waren, einen Bart wachsen lassen? Wollen Sie uns für dumm verkaufen? Wie können Sie uns das alles erklären? Da bin ich einmal gespannt.“
Angeklagter: „Naa, i verkauf nix, des hab i do grad gsagt! Den Bart hab i mir nur wachsn lassn, weil mei Frau sagt, i bin so fesch damit. Und es is ma wichtig, dass i ihr gfall. I bin nimmer der Jüngste, und meine liebe Gattin is um zehn Jahre jünger. I mag net, dass sie sich amal um einen anderen umschaut und mi links liegen lasst, Herr Rat. Aber meine Sorgen san a eigenes Kapitel, weswegen wir heut net da san, net wahr?“
Staatsanwalt: „Trotzdem: Wenn Sie ein reines Gewissen haben, lassen Sie sich sofort rasieren! Wir werden die Verhandlung um eine halbe Stunde verschieben. In dieser
Zeit können Sie zum Friseur gehen!“
Angeklagter: „Des geht net. Des kann i meiner Frau net antuan.“
Sämtliche Zeugen erkannten in Franz Z. den Mann, der die gestohlenen Kleidungsstücke zum Kauf angeboten hatte.
Angeklagter: „Dann muass der wahre Täter an Bart ghabt habn! Herr Richter, wartn S no a bisserl mitn Urtäu! I geh mi rasiern lassn, lieber a Leben in Freiheit ohne Bart als a Leben hinter Gittern mit Bart! Aa wann ma jetzt vielleicht mei Mausi davonläuft. Des is glei a guater Liebestest! Und wir in Österreich glaubn eh ans Christkind und net an den bärtigen Weihnachtsmann.“
Der „Fluchtversuch“gelang nicht. Franz Z. wurde zu sechs Monaten verurteilt und sofort in die Haft abgeführt.