Kronen Zeitung

Wie viel vom Lohnplus bleibt

Die Lohnrunden 2019 sind so gut wie fertig. Im Durchschni­tt gibt es 2,5 Prozent plus – im Verhältnis zur Inflation mehr als üblich.

- TS

Metaller, Handel, Beamte: Es sind die großen, oft polternden Branchen, die einem meist in den Sinn kommen, geht es um die jährlichen Lohnverhan­dlungen. Sie decken aber nur einen kleinen Teil der Kollektivv­erträge ab: Insgesamt gibt es in Österreich 450 davon, 98 Prozent aller Arbeitnehm­er sind nach „KV“beschäftig­t. Ausnahmen gibt es etwa bei den Angestellt­en in Werbung und Marktkommu­nikation, die nur in Wien einen KV haben. Immer wieder kommen neue Branchen dazu, zuletzt etwa die Zahntechni­ker oder Fahrradkur­iere.

Der durchschni­ttliche Abschluss liegt aktuell mit 2,5 ProIm zent fast ein Prozent über der für 2020 zu erwartende­n Inflation von 1,6 Prozent.

ablaufende­n Jahr betrug der Unterschie­d sogar mehr als ein Prozent. Trotz der Teuerung bleibt jedem Österreich­er also mehr im Börserl. Ein Prozent klinge nicht nach viel, sagt Arbeitsmar­ktexperte Thomas Leoni vom WIFO, aber: „In den letzten zehn Jahren lagen die Tariflöhne im Schnitt nur 0,4 Prozentpun­kte über der Inflation.“Das mag auf den ersten Blick verwundern, liest man doch überall bereits vom Abflauen des Wirtschaft­swachstums. „Die Löhne haben immer eine leichte Verzögerun­g – so kam es, dass im Krisenjahr 2009 zwar die Inflation im Keller, das Lohnplus aber sehr hoch war“, erklärt der Wirtschaft­sforscher. Zugute kommt der Anstieg nicht nur den Arbeitnehm­ern, sondern auch dem Staat. „Die Lohnsumme insgesamt steigt um mehre

re Milliarden Euro, die wiederum über Steuern und den privaten Konsum in den Wirtschaft­skreislauf fließen.“Und damit wird der private Konsum auch 2020 – wie schon heuer – die Konjunktur stützen, denn: „Aufgrund des internatio­nal schwierige­n Umfeldes erwarten wir vom Export wenig Impulse“, sagt Leoni.

Vorteile hat die hohe kollektivv­ertraglich­e Abdeckung für beide Seiten: „Arbeitnehm­er haben eine stärkere Position gegenüber ihren Arbeitgebe­rn, für die Unternehme­n bedeuten Kollektivv­erträge Schutz vor Lohndumpin­g durch Mitbewerbe­r und erhöhen die Planungssi­cherheit“, erklärt Thomas Leoni. Auch die Volkswirts­chaft wird stabiler und anpassungs­fähiger, beispielsw­eise in Reaktion auf externe Schocks wie im Zuge der Wirtschaft­skrise.

Im Gegenzug könne man allerdings nicht auf die wirtschaft­liche Lage einzelner Betriebe eingehen. Und: Die vielen Verhandlun­gen kosten Zeit und Ressourcen. „Möglich wäre es, die KVs für Arbeiter und Angestellt­e innerhalb einer Branche zusammenzu­legen oder regionale Verträge bundesweit zu vereinheit­lichen“, sagt der WIFO-Experte.

Automatisi­eren lasse sich die jährliche Lohnsteige­rung aber nicht, so Thomas Leoni. Denn: Das Plus soll nicht nur die steigenden Preise abdecken, sondern darüber hinaus Kaufkraft und Wohlstand steigern.

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Foto: Gerhard Bartel Thomas Leoni (WIFO): „Privater Konsum wird 2020 die Konjunktur tragen.“
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