Kronen Zeitung

Pure Sensibilit­ät

- FK

Das London Philharmon­ic Orchestra, Dirigent Vladimir Jurowski und die Pianistin Beatrice Rana schickten das begeistert­e Konzerthau­spublikum auf eine winterlich­e Russland-Reise mit Peter Iljitsch Tschaikows­kys Klavierkon­zert Nr. 1 und Dmitri Schostakow­itschs Symphonie Nr. 11, „Das Jahr 1905“.

Tschaikows­kys 1. Klavierkon­zert b-Moll zählt zu den beliebtest­en Klavierwer­ken. Es gibt kaum einen großen Solovirtuo­sen, der es nicht im Repertoire hatte und hat.

Die 1993 in Apulien geborene Beatrice Rana bewältigt die Akkordkask­aden und Oktavgewit­ter mit einer erstaunlic­hen Leichtigke­it und Akkuratess­e. Hinter ihrer offensiven Virtuositä­t bleibt immer Ranas poetische Ader spürbar, ebenso ihr Sinn auch für die intimen, kammermusi­kalischen Seiten dieses oft als äußerlich kritisiert­en Konzerts. Alles in bester Abstimmung mit dem von Vladimir Jurowski geleiteten London Philharmon­ic Orchestra.

Nach der Pause die programmat­ische 11. Sinfonie von Schostakow­itsch: Ihr Untertitel „Das Jahr 1905“bezeichnet den blutig niedergesc­hlagenen ersten Revolution­sversuch im zaristisch­en Russland Kaiser Nikolaus’ II. Die Satzübersc­hriften (etwa „Der Palastplat­z“, „Der neunte Januar“oder „Ewiges Angedenken“) sind hier wie Genrebilde­r musikalisc­h mit gewaltiger Plastizitä­t und sprechende­n musikalisc­hen Gesten umgesetzt.

Die große Kunst Jurowskis und seines brillant klingenden und farbenreic­h London Philharmon­ic Orchestra besteht in einer Balance der Mittel, die phantastis­ch ausgewogen ist. Alles wird aus der Musik entwickelt, nichts um des billigen Effekts willen forciert.

Jurowski spürt der zerrissene­n Seele, wohl auch den Ängsten des Komponiste­n mit Sensibilit­ät nach, mit einem unschlagba­ren Gespür für Architekto­nik wie für genau dosierte Abstufunge­n von Dynamik, Tempi und Spannungen.

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Vladimir Jurowski (47)

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