89 und kein bisschen leise
Dass Clint Eastwood noch immer vor der Kamera steht und Filme produziert, liegt an den guten Genen seines Großvaters, ist er sich im „Krone“-Talk anlässlich seines Films „Richard Jewell“sicher
IM MAI 2020 WIRD CLINT EASTWOOD 90 JAHRE ALT. Zum Geburtstag schenkt er sich selbst einen neuen Film und bilanziert im großen „Krone“-Interview über seine fast 60 Jahre lang andauernde Hollywood-Karriere. Er hält fest: „Ich denke nicht ans Aufhören.“
89 Jahre. Clint Eastwood geht vornüber gebeugt. Und auc hd as Gehör ist nich tme hr das, was es mal war. Man muss die Stimme erheben, damit Clint versteht. Und selbst dann wirkt er zeitweise ratlos. Was heißt: Bitte die Frage wiederholen! Wie die, warum er als Regisseur und Produzent von „Richard Jewell“die Hauptroll ean Paul Walter Hauser vergeben hat. Die Antwort zeigt, dass die Jahre seinem Gedächtnis nichts anhaben konnten. Er hat sich an Hausers Rolle in „I, Tonya“(2017) erinnert.
Gehen wir noch ein bisschen weiter zurück. Sie sind schon seit den 60er-Jahren in Hollywood?
Seit den 50ern! 1953 hatte ich einen ganzen Satz in einem Film zu sagen.
Sprich, Sie haben alles gesehen und sind auf alle Eventualitäten vorbereitet?
Schön wär’s. Immer wenn du denkst, du weißt alles, realisierst du, dass du gar nichts weißt. Egal, wie vie ld usc hon gedreht hast – du hast immer noch eine Menge zu lernen!
Richard Jewell wurde bekannt, als er 1996 fälschlicherweise bezichtigt wurde, während der SommerOlympiade in Atlanta eine Bombe gezündet zu haben.
Er wurde von den Medien unter Verdacht gestellt, weil sein Background zu deren Bild als Bomber passte – egal , we lch e Fa kten dagegensprachen. Deshalb find eic h es sehr wichtig, dass die Presse faktisch korrekt berichtet. Bei Jewe llh at sich jeder von Vorurteilen treiben lassen. Er ist das schlimmste Beispiel, was passieren kann, wenn man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
Fällt es Ihnen schwer, mit der Zeit zu gehen?
Das ist schwer zu beantworten. Wir leben auf jeden Fall in einem neuen Zeitalter, und ic hb in mir nicht immer sicher, o bd ie Dinge besser sind. Manchma lh ab eic hd as Gefühl, wir entwickeln uns zurück. Besonders wenn es um Rassismus geht. Auf der anderen Seite sind all e so ü berempfindlich. Früher konnte man sich fiese Dinge oder unschmeichelhafte Spitznamen an den Kopf werfen un dd ann darüber lachen. Heute versucht dir jeder ein schlechtes Gewissen zu
machen.
Sie feiern im Mai 2020 Ihren 90. Geburtstag!
Sie hätten das nicht aussprechen müssen.
Wollen Sie weiter Filme produzieren?
Man weiß ja selbst nicht, ob man es bis dahin schafft. Al s ic h vor 60 Jahren anfing, hab e ic h nur gehofft, dass ich mich irgendwie durchschlagen kann. Und ic hh abe das Glück, heute noch hier zu sein und nicht im Seniorenheim. Das verdank e ich wo hl d en Genen meines Großvaters. Ich will weitermachen, solange es geht, un dh ab esc hon einen neuen Film im Visier. Ich denke nicht ans Aufhören.
Viele ältere Menschen schwärmen von der „guten alten Zeit“. Sie auch?
Ic hb in auf einer HühnerFarm währen dd er großen Wirtschaftskrise in den 30er-Jahren aufgewachsen. Das war eine harte Zeit, und alle waren depressiv. So viele Dinge sin dh eutzutage besser. Das schätze ich sehr. Die guten alten Zeiten hab e ic h nie geliebt, weil sie nicht die GUTEN alten Zeiten waren. Sie waren höchstens ab und zu
mal okay!