Kronen Zeitung

„Lieber länger verhandeln als kürzer regieren“

So reagiert Grünen-Chef Werner Kogler auf ÖVP-Vorstöße in der „Krone“Die Bedingunge­n der Grünen im Verhandlun­gsfinale

- Klaus Knittelfel­der

Plötzlich kam Tempo in die sonst so abgeschott­eten Koalitions­verhandlun­gen: Via „Krone“erklärte ÖVPChef Sebastian Kurz, dass er Anfang Jänner fertig sein möchte. Sein Pendant Werner Kogler tritt nun auf die Bremse – und nennt zudem seine zentralen Bedingunge­n vor dem Finale im türkis-grünen Regierungs­poker.

Herr Kogler, die ÖVP streut via Zeitung das Gerücht, dass Ihre Partei gefordert hat, in Fußballsta­dien ab 20U hr aus Rücksicht auf Insekten das Flutlicht abzudrehen .I hr Generalsek­retär nennt das ein „Foul “.W ie ist die Stimmung zwischen Türkis und Grün?

Gut. Außerdem hat das ja niemand so gefordert. Ein Holler, wenn Sie so wollen. Jetzt sage ich Ihnen was: Um 20 oder 21U hr sitze ich selber oft im Fußballsta­dion. Ich glaube nicht, dass mir die Verhandler der Grünen da das Licht abdrehen wollen.

Sebastian Kurz sagt, er will Anfang Jänner fertig sein .I st man kur z vo r dem Abschluss?

Nein. Natürlich könnte es jetzt schnell gehen, aber fix ist das nicht. Es kann sein, dass es Anfang Jänner wird – es kann aber auch später sein. Lieber zwei bis drei Wochen länger verhandeln als zwei bis drei Jahre kürzer regieren. Das ist jetzt anders als die Verhandlun­gen zwischen FPÖ und ÖVP, das war ja teilweise eine reine PR-Veranstalt­ung. Wir verhandeln richtig.

Kurz hat am Wochenende Pflöcke eingeschla­gen und gesagt, was ihm wichtig ist .W as sind denn Ihre Pflöcke?

Kurz zusammenge­fasst sind es drei Punkte: Eine Ökologisie­rung des Steuersyst­ems, da wollen wir den Einstieg in den Umstieg schaffen. D er z weite Punkt ist ein großes Transparen­zPaket: Der Rechnungsh­of soll in die Parteien schauen dürfen, wir wollen ein Informatio­nsfreiheit­sgesetz und eine Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses. Wer hätte denn vor ein paar Monaten geglaubt, dass das möglich ist ?I ch traue mir zu, da einiges durchzuset­zen. Der dritte Punkt ist der Sozialbere­ich, da wollen wir ein Paket gegen Kinderarmu­t.

Ein Nulldefizi­t, wie die ÖVP es verlangt, wäre für Sie o.k.?

Wir haben Klimaschut­zprogramme, die sich gewaschen haben – die werden etwas kosten. Es muss also Spielraum für Investitio­nen da sein. Wenn sich das aber alles ausgeht, sage ich: ok.

Und Erbschafts­steuern? Die ÖVP sagt Nein dazu.

Das wird mit der ÖVP extrem schwierig, ja. Aber in der Steuerrefo­rm geht es ja auch darum, die Lohn- und Einkommens­steuern zu senken. Wenn wir dabei aber keine neuen Schulden machen wollen, brauchen wir Gegenfinan­zierungen. Und damit sind wir bei der Ökologisie­rung: Umweltvers­chmutzung soll nicht umsonst sein. ÖVP und FPÖ ließen das Wort Ökologisie­rung in

ihrem Steuersenk­ungs-Eifer weg – mit uns geht das nicht.

Wie wird die Öko-Steuerrefo­rm denn aussehen?

Es gibt zwei Möglichkei­ten: Entweder über einzelne Abgaben oder über ein CO2Preismo­dell, wie es das in anderen Ländern bereits gibt. Wichtig ist mir aber vor allem eines: Wenn auf einer Seite erhöht wird, muss auf der anderen Seite gesenkt werden, etwa bei der Lohnsteuer. Netto soll es zu einer Steuersenk­ung kommen.

Das ist also noch nicht entschiede­n, obwohl man de facto seit 60 Tagen verhandelt?

Nein. Wir schauen uns das an, beides ist möglich.

Sie nannten die Türkisen einmal „Schnöseltr­uppe“. Hat sich der Eindruck verfestigt?

Das habe ich zwar ausgesproc­hen, aber ich habe es aufgeschna­ppt von alten ÖVP-Funktionär­en. Ich nahm das im Wahlkampfg­efecht auf, meine Erfindung ist es nicht. Ich dachte, die meinen damit so etwas wie einen jungen Grasser.

Und wie denken Sie jetzt über Kurz und die Seinen?

Jetzt habe ich einen anderen Eindruck.

Kann man denn gut mit der Kurz-Truppe arbeiten?

Ich denke schon. Wenn man verstanden hat, wie sie funktionie­ren.

Und wie funktionie­ren sie?

Sie sind zielorient­iert, direkt und machtbewus­st unterwegs. Das ist ja keine schlechte Kombinatio­n für eine Zusammenar­beit.

Herr Kogler, was würden Sie eigentlich tun, wenn der Bundeskong­ress der Grünen Ihren Koalitions­pakt am Ende ablehnt? Zurück an den Verhandlun­gstisch oder doch direkt in die Opposition?

Ich gehe davon aus, dass zugestimmt wird, wenn der Bundesvors­tand und ich ein Abkommen vorlegen. Über eine Ablehnung habe ich mir ehrlich gesagt noch gar nicht den Kopf zerbrochen.

Wir haben Klimaschut­zprogramme, die sich gewaschen haben – und die werden dann auch etwas kosten. Es muss also Spielraum für Investitio­nen da sein.

Kogler über ÖVP-Wünsche nach einem Schuldenab­bau

 ?? ?? „Cool bleiben“: Nach einer kleinen Fehde zwischen ÖVP und Grün rückte Werner Kogler aus, um für Ruhe zu sorgen.
„Cool bleiben“: Nach einer kleinen Fehde zwischen ÖVP und Grün rückte Werner Kogler aus, um für Ruhe zu sorgen.
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