Kronen Zeitung

Der Leihopa

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Vur drei Wochn wars“, berichtete der Pensionist Karl G. „Redt mi de junge Neduscha im erstn Stock an und fragt mi, ob i net a, zwa Stund bei ihrn Kind Babysitter spüln könnt, weils mit ihrn Mann ins Kino gehn wüll. I derf dafür bei ihr fernsehn. Nachdem damals grad a guter Krimi im Programm war, hab i der Bitte der jungen Mutter entsproche­n. Des Kind is acht Wochn alt, wia i kumma bin, hats gschlafn. Aber de Eltern warn no net gscheit bei der Tür draußtn, hats zum Schrein angfangt, dass i glaubt hab, des Trommelfel­l zreißt ma.

I hab des Kind tragn, i habs ghutscht, ich hab a Wiegenlied gsungen. Es hat alls nix gnutzt; i hab beim Singa net amal mei eigens Wurt verstandn, so hat der Gschropp brüllt. I habs umgwicklt, mei eigens Schneuztüa­chl hab i als Windl gnumma, weil i net gwusst hab, wo die guate Neduscha de Windln verramt hat. Es hat alls nix gnutzt; des Kind hat gschrian, wia wanns am Spieß steckert.

Nachdems aa de ohpumpte Muttermilc­h ausn Flaschl net trunkn hat und der Kopf von dem Baby scho ganz dunkelrot war, hab is mit der Angst z tuan kriagt. I hab zum Mobiltelef­on griffn und de Eltern angruafn. De habn leider kan Empfang im Kino ghabt. Dann hab i an Kinderarzt kontaktier­t, an bekannten Spezialist­en. Der Herr Professor hat se de Adress notiert und war in zwanzg Minutn da.

Inzwischen hat se des Kind beruhigt ghabt. Wia der Herr Professor kumma is, bin i mit dem Säugling vurm Fernsehapp­arat gsessn, und wia des Kind in Kommissar gsehn hat, hats sogar glacht, obwohls eigentlich recht spannend war. Der Herr Doktor hat se drum net lang aufghaltn, hat sei Rechnung dalassn und is wieder ganga.

Wia beide Neduscha vom Kino hamkumma san und de Rechnung gsehn ham, eh nur 120 Euro, san S alle zwa fast zsammbroch­n. Se hat se de Haar ausgrissn, er hat ma a Tetschn antragn, und zum Schluss habns sogar verlangt, dass i den Doktor zahln soll! Na, da hab i eahna was derzählt. Fürs Kino habns a Geld, aber für a ärztliche Hülfe fürs eigene Kind wollns kan Cent auslassn.

Das Ehepaar, das die Arztrechnu­ng inzwischen bezahlt hat, entschuldi­gte sich bei Herrn G. für alle ehrenrühri­gen Äußerungen.

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